Vor dem Großen Preis von Italien spricht Niki Lauda, Aufsichtsratschef bei Mercedes, im Interview über das teaminterne Duell zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton und erklärt, warum Formel-1-Spitzenfahrer keine Freunde sein können.

Sport: Dominik Ignée (doi)
Monza - - Vor dem Großen Preis von Italien am Sonntag erregt der Streit zwischen den Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton weiter die Gemüter. Der Sportchef Toto Wolff erwägt, bei weiteren Kollisionen die Piloten zu entlassen und neue Fahrer einzustellen. Niki Lauda, der Aufsichtsratschef des Teams, hofft derweil auf den Burgfrieden – zumindest auf der Strecke. „Ich denke, sie fahren jetzt wieder normal. Sie sind ja nicht blöd“, sagt der Österreicher.
Herr Lauda, mal angenommen, Sie müssten auf einem Zettel einen Weltmeistertipp abgeben, hinter welchen Namen machen Sie Ihr Kreuz: Nico Rosberg, Lewis Hamilton oder Daniel Ricciardo?
Sicherlich bei Hamilton und Rosberg.
Zwei Kreuze sind aber nicht erlaubt.
Ich bin kein Hellseher, aber eines ist uns klar: Beide Mercedes-Piloten können frei gegeneinander fahren. Ich weiß zwar schon, dass Nico einen komfortablen Vorsprung von 29 Punkten hat, deshalb wird es für Lewis unter normalen Bedingungen sehr schwer werden aufzuholen. Aber die doppelten Punkte im letzten Rennen in Abu Dhabi könnten ihm helfen.
Also kein Tipp.
Ich kann Ihnen den Ausgang beim besten Willen nicht sagen. Nur so viel: Die beiden fahren am Limit. Es geht da um Tausendstelsekunden. Sie ziehen damit das ganze Team mit nach vorne. Wer immer es wird: 2015 will dann der andere Weltmeister werden. Es wird also noch besser für uns.
Ist die doppelte Punktzahl, die im letzten Saisonrennen vergeben wird, keine Farce?
Ich war immer dagegen, weil es sportlich ungerecht ist. Wenn man das ganze Jahr weltmeisterliche Leistungen bringt und hat im letzten Rennen einen Reifenschaden und fällt aus – da dreht sich dann das Blatt. Ich halte das für grundsätzlich falsch. Doch Bernie Ecclestones Strategie ist eine andere: Er ist Promoter und will die WM-Entscheidung so lange wie möglich hinausziehen. Es sieht ja auch so aus, dass das letzte Rennen die WM-Entscheidung bringt.
Die letzte, eskalierende Episode im Streit zwischen Rosberg und Hamilton fand in Spa statt. Rosberg wurde teamintern eine Strafe aufgebrummt, weil er Hamiltons Reifen aufgeschlitzt hatte. Wie hat Rosberg auf die Bestrafung reagiert?
Ich war bei dem Gespräch nicht dabei. Das haben Toto Wolff und Paddy Lowe gemacht. Ich weiß es also nicht.
Hätte nicht auch Hamilton bestraft werden müssen, als er in Ungarn die Teamorder ignorierte und Rosberg nicht passieren ließ?
Generell haben die Fahrer eine Verantwortung für das Team, nicht nur für das Fahren. Da meine ich beide Piloten, es geht nicht um den einen oder den anderen. Das Manöver in Spa war in der zweiten Runde vollkommen unnötig. Es war für uns ein Riesenproblem, denn wir hätten locker Erster und Zweiter werden können. Das wäre für Mercedes und die WM super gewesen.
Was garantiert, dass es in Monza zwischen den beiden nicht wieder hart zur Sache geht? Etwa der Umstand, dass die Teamleitung Feindberührungen verboten hat?
Ich denke, sie fahren jetzt wieder normal. Ich mache mir überhaupt keine Sorgen. Die Fahrer sind ja nicht blöd. Sie haben selbst erkannt, wie viele Punkte sie sich mit solchen Manövern vernichten können. Wäre Nico auch stehen geblieben, hätte auch er keine Punkte gehabt. Es war in meinen Augen ein normaler Rennunfall. Den würde ich gar nicht kritisieren, wenn Nico mit Vettel oder irgendeinem anderen zusammenknallt. Da geht es um zwei Millimeter, und solche Fehler dürfen auch passieren. Aber nicht im eigenen Team – und nicht in dieser Phase der WM.