Da haben Sie sich aber viel vorgenommen. Bisher hat der Verkehr an Tagen mit Feinstaubalarm nur um etwa drei Prozent abgenommen, obwohl man überall seit Jahren wusste, dass Stuttgart ein riesiges Feinstaubproblem hat.
Ich beurteile das Ergebnis trotzdem positiv. Der Alarm hat die Sensibilität für dieses Thema geschärft und aufgezeigt, wann es brenzlig wird. Den Weg sollten wir weitergehen, zumal Verbote nicht einfach umzusetzen wären.
Die Landeshauptstadt hat nicht nur ein Feinstaub-, sondern auch ein gravierendes Stickoxidproblem. Daher hat es ja auch zwei blaue Briefe aus Brüssel gegeben.
Das stimmt. Auch in diesem Punkt müssen wir noch besser werden. Von der zu hohen Stickoxidbelastung, die überwiegend vom Autoverkehr verursacht wird, ist Stuttgart aber nicht allein betroffen. In vielen anderen Städten sind die Jahresmittelwerte ebenfalls zu hoch. Viele OBs sind daher verärgert, weil die Autoindustrie die Kommunen mit diesem Problem alleine lässt. Es ist ganz wichtig, dass die Autoindustrie die Anforderungen erkennt und in die Realität umsetzt.
Muss die Stadt nicht überhaupt viel mehr für den Nahverkehr tun?
Stuttgart hat im Bundesvergleich bereits einen hervorragenden Personennahverkehr. Ich bin stolz, dass wir die SSB haben. Das von der Stadt eingeführte Jobticket, das vom Land, aber auch von vielen Unternehmen inzwischen übernommen wurde, ist ein großer Erfolg, Aber ich gebe Ihnen recht: Stuttgart sollte zur Nahverkehrsstadt schlechthin werden. Deshalb wollen wir im ÖPNV-Angebot noch eine Schippe drauf legen. Voraussetzung ist aber, dass das Land die Finanzierung ermöglicht.
Das Thema Fahrverbote können wir Ihnen trotzdem nicht ersparen. Diese Maßnahme bleibt doch aktuell, selbst wenn im Herbst deutlich mehr Pendler auf Busse und Bahnen umsteigen sollten.
Für verbindliche Fahrverbote muss das Land noch klare Rechtsgrundlagen und den organisatorischen Rahmen schaffen. Ich hoffe aber, dass wir es auf freiwilliger Basis schaffen werden. Wer Fahrverbote und Tempo 40 an Steigungsstrecken ablehnt, muss Alternativen aufzeigen, wie die überhöhten Schadstoffwerte gesenkt werden können. Nur nein zu sagen, ist keine Lösung. Genauso wenig hilft die Forderung von Umweltschützern nach einer Citymaut, für die noch die notwendigen rechtlichen Grundlagen fehlen.
Der Anwalt der Feinstaubkläger hat daher angeregt, eine Citymaut eben nicht auf den Bundesstraßen, sondern im übrigen Straßennetz der Stadt einzuführen.
Diese Idee ist von hoher Naivität gekennzeichnet. Nur der Bund kann Citymautregelungen freischalten. Der Bund sollte aber in der Tat den Städten die Chance eröffnen, flexible Regelungen einführen zu können. Für viel intelligenter als die Citymaut halte ich aber eine Nahverkehrsabgabe. Wenn jeder Autofahrer ein Nahverkehrsticket an der Windschutzscheibe haben muss, fällt ihm der Umstieg auf Bus oder Bahn bestimmt leichter. Aber auch das können die Städte momentan nicht allein einführen.