Der frühere Linkspartei-Vorsitzende Oskar Lafontaine beharrt trotz der Warnungen von Fraktionschef Gregor Gysi auf der Forderung nach einem neuen Währungssystem.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Herr Lafontaine, Sie sind in Dresden nicht als Redner aufgetreten – ein Novum. Gibt man Ihnen nicht ausreichend Zeit zum Reden?
Es ist ganz normal, dass vor einer Bundestagswahl diejenigen die Reden halten, die die Hauptverantwortung tragen. Bekanntlich habe ich keine Verantwortung mehr auf Bundesebene.

Wird der Parteitag den Enthusiasmus an der Basis entfachen, der sich noch nicht zeigt?
Wichtig war, dass rübergekommen ist, dass die Linke zur Geschlossenheit zurückgefunden hat und dass wir die einzige Partei im Bundestag sind, die glaubhaft gegen Lohn- und Rentenkürzungen kämpft. Mit dieser Botschaft können wir erfolgreich bestehen. Natürlich wünscht man sich viel Begeisterung vor einer Wahl, aber die kann man nicht mit einem Zauberstab herbeiführen.

Warum profitiert die Linke nicht stärker von der Schwäche der SPD?
Wenn die SPD als die größere Partei im linken Spektrum keine Machtperspektive aufzeigt, wirkt sich das auf das gesamte Spektrum aus. Zweitens kommen unsere Botschaften aufgrund der Machtstrukturen in den Medien zu wenig rüber. Kaum jemand weiß, dass die Linke die einzige Partei ist, die eine starke steuerliche Entlastung von Facharbeitern und mittleren Angestellten anstrebt. Und auf europäischer Ebene ist es kompliziert zu erkennen, dass unsere Kritik an den sogenannten Rettungspaketen sich mehr und mehr bewahrheitet hat. Wir haben schon 2010 einen Schuldenschnitt für Griechenland gefordert. Merkel dagegen hat Milliarden an Steuergeldern sinnlos verbraten und die Lage in Griechenland ist heute desaströser als je zuvor.

Sie haben ein Fass aufgemacht, das in der Partei sehr umstritten ist: ein neues Währungssystem. Gysi mahnt hingegen, dass der Euro nicht abgeschafft werden solle. Überzeugen Sie seine Argumente?
Wenn man sagt, dass das europäische Währungssystem falsch konstruiert ist und wir den Euro beibehalten wollen, kann es so klingen wie: das europäische Währungssystem ist falsch konstruiert und wir wollen es beibehalten. Das ist keine vertretbare Position. In Wirklichkeit ist es die Merkelsche Politik, die Bestandteil des jetzigen Systems ist, die den Euro und damit auch Europa zerstört.

Folgen Ihres Vorschlags könnten der Einbruch des deutschen Exports und desaströse Währungsspekulationen sein?
Eben nicht – die deutsche Exportwirtschaft braucht ein stabiles Europa. Heute haben wir eine starke soziale Krise in Südeuropa, die man mildern muss. Deshalb mein Vorschlag, das Instrument der Abwertung wieder zuzulassen. Die Alternative dazu sind weitere Lohn- und Rentenkürzungen. Das kann keine linke Partei vertreten.