Im Mai übernehmen die neuen Minister die Behörden. Dort gebe es eine lange Tradition der Loyalität, sagt der Politikwissenschaftler Wehling.

Digital Desk: Anja Treiber (atr)

Stuttgart - Im Mai übernehmen die neuen Minister die Behörden. Dort gebe es eine lange Tradition der Loyalität, sagt der Politikwissenschaftler Wehling.

 

Herr Wehling, werden die neuen grün-roten Minister in den Behörden gegen eine schwarze Wand laufen?

Nein. Bei den Berufsbeamten unterhalb der höchsten Ebene spielt das Parteibuch keine so zentrale Rolle. Wenn die Minister also gut mit ihren Mitarbeitern umgehen, haben sie nichts zu befürchten. In der Beamtenschaft gibt es eine lange Tradition der Loyalität gegenüber der Regierung - egal welcher Couleur. Ich vermute, dass die Beamten mancher Häuser sogar aufatmen werden.

Welche Ministerien meinen Sie da?

In der Regierungszeit von Stefan Mappus habe ich viele Klagen vor allem aus der Staatskanzlei und aus dem Wirtschaftsministerium gehört. Selbst Beamte mit einem FDP-Parteibuch haben über ihren Minister geschimpft, weil er ihren Sachverstand nicht nutzte. Vieles - zum Beispiel eine Konzeption zur Wirtschaftsförderung - ist liegengeblieben. Das hat zu einem hohen Maß an Frustration unter den Beamten geführt. Auch einige Mitarbeiter der Staatskanzlei haben sich des Öfteren bei mir ausgeweint.

Welchen Tipp würden Sie der neuen Regierung denn für eine gute Zusammenarbeit geben?

Die Minister sollten auf ihre Beamten zugehen und sie ernsthaft in die Regierungsarbeit einbinden, dann werden diese sehr zufrieden sein.

Rechnen Sie mit Entlassungen?

Ja, allerdings sind Entlassungen nur in der Riege der politischen Beamten möglich. Sie können ohne Angabe von Gründen jederzeit in den einstweiligen Ruhestand geschickt werden. Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat Baden-Württemberg aber nur wenige politische Beamte. Zu ihnen gehören zum Beispiel die Ministerialdirektoren und die vier Regierungspräsidenten.

Und die müssen jetzt um ihren Job bangen?

Es würde mich wundern, würde die neue Regierung einen der vier Regierungspräsidenten entlassen. Sollte allerdings einer dieser vier Posten frei werden, werden die Grünen ihn für ihre Partei beanspruchen. Das ist klar. Bei den Ministerialdirektoren sieht die Sache anders aus. Dort werden die Koalitionspartner genau hinschauen, wer im Amt bleiben kann und wer ausgetauscht wird.

Wie war das denn, als die SPD 1992 in die Große Koalition eingetreten ist?

Damals hat es keine Reibereien gegeben. Die Regierungspräsidenten sind stets loyal gegenüber der jeweiligen Regierung gewesen. Deshalb ist in Baden-Württemberg auch noch nie ein Regierungspräsident vorzeitig ausgetauscht worden - auch nicht die Karlsruher Regierungspräsidentin Gerlinde Hämmerle, die damals als SPD-Bundestagsabgeordnete unter der Großen Koalition eingesetzt wurde.

Wie läuft das in anderen Bundesländern?

In Hessen werden die Regierungspräsidenten andauernd ausgetauscht, weil sie sehr stark politisiert sind. Daran sollte sich die neue baden-württembergische Regierung allerdings kein Beispiel nehmen.