Der Kabarettist Sebastian Pufpaff trat lange in fast leeren Sälen auf und füllt heute Hallen. StZ Redakteur Tim Höhn befragt seinen alten Freund zu Existenzangst, Groupies, die AfD – und Fischen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Stuttgart - Unser Autor kennt Sebastian Pufpaff seit Kindheitstagen, er hat später die ersten Gehversuche des Kabarettisten verfolgt und seinen Aufstieg in die erste Liga der deutschen Comedy. An dieser Stelle unterhalten sich der Redakteur und der Komiker über Existenzangst, Groupies, die AfD – und Fische.

 
Sepp, ich kenne Dich so lange, aber ich kann gar nicht sagen, ob Du früher schon so lustig warst. Warst Du?
Als wir am Strand Schiffchen gebastelt oder uns gegen tollwütige Schwäne verteidigt haben, habe ich wahrscheinlich nicht am laufenden Band Pointen rausgehauen. Ich kann nicht behaupten, dass damals schon der Grundstein gelegt war. Ich habe halt immer gerne gelacht, auch über Dich.
Wann?
Weiß Du noch, wie wir geangelt haben, Du völlig unerwartet einen Fisch gefangen hast – und nicht wusstest, was Du damit machen sollst? Das fand ich sehr komisch.
Ich nicht. Ich wollte den nicht töten und dann kam dieser wild gewordene Mann und hat mich beschimpft. Eine meiner ersten Kindheitserinnerungen ist übrigens, wie Du in ein Schwimmbad gefallen bist und von Deiner Schwester raus gezogen wurdest.
Und, hast Du gelacht?
Nein, denn Du hast geweint.
Nicht mal damit habe ich Dich zum Lachen gebracht.
Wann hast Du gemerkt, dass Du lustiger bist als andere?
In meinem Steckbrief in der Abizeitung steht als Berufswunsch: Scherzkeks. Ich glaube, es war schon früh mein Wunsch, mit Lachen meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Und dann schreibst Du Dich für Jura ein?
Ich habe das studiert, was mir, dachte ich, die meisten Möglichkeiten eröffnet. Dass ich etwas anderes will, war mir immer klar. Ich habe dann an einem Comedy-Workshop teilgenommen. Sehr teuer, da steht ein gescheiterter Komiker und erklärt, wie Komik funktioniert. Nicht lustig. Aber dabei habe ich die zwei Kollegen kennengelernt, mit denen ich später das Kabarett-Trio Bundeskabarett gegründet habe.
Ich habe Euch im Merlin in Stuttgart gesehen – vor vielleicht 15 Gästen und vielen leeren Stühlen. Das muss schwer gewesen sein.
Da muss man die Augen zu machen und trotzdem alles geben. Wir haben experimentiert. War eine gute Zeit, wir waren jung, naiv …
… und arm.
Ich erinnere mich an einen Auftritt in Dresden. 150 Euro Fahrtkosten, 25 Leute im Saal. Wir haben kräftig drauf gezahlt, aber immer gedacht: es geht schon weiter.
Bis wann?
Nach sechs Jahren Bundeskabarett haben wir Kassensturz gemacht und gemerkt, dass jeder von uns in den vergangenen zwölf Monaten 12 400 Euro verdient hatte. Das war unter dem Hartz-IV-Satz. Wir haben dann quasi Insolvenz angemeldet.
Haben Deine Eltern sich Sorgen gemacht?
Das lief mehr oder weniger hinter ihrem Rücken. Ich habe ja zu der Zeit immer noch studiert, das wirkte seriös. Es war eher ein schleichender Prozess, bis sie gemerkt haben: der Sohn macht ja hauptberuflich Comedy.
Du selbst? Nie Zweifel gehabt?
Natürlich hatte ich Existenzängste. Aber wenn mich jemand fragte, wie Plan B aussieht, habe ich gesagt: Plan A funktioniert.
Schon im Merlin hat man gemerkt, dass Du eine größere Bühnenpräsenz hast als Deine Kollegen, mit mehr Einsatz dabei bist.
Ich wollte es halt unbedingt, ich wollte nichts mehr als das.
Nach dem Bundeskabarett hast Du alleine weitergemacht. Wann kam der Durchbruch?
Als ich 2010 den Kabarettwettbewerb Prix Pantheon gewonnen habe. Damit waren zwei Fernsehauftritte verbunden, die gut geklappt haben, plötzlich ging es bergauf.
Du bist heute ständig im Fernsehen – mit Pufpaffs Happy Hour in 3Sat, in der ZDF-Heute-Show oder der ARD-Kabarett-WG. Bis Du da angekommen, wo Du hin wolltest?
Ja. Es ist fast unglaublich, aber ich habe noch keinen Rückschlag erlebt.
Schreibst Du Deine Gags selbst?
Ja, weil es mir Spaß macht. Nur in der Sommerpause verliere ich immer komplett das Gefühl für meinen Job. Aber danach geht es wieder raus auf die Bühne und ich merke: ja, klappt.
Keine Existenzangst mehr?
Der Vorteil in dieser Branche ist: es werden die Termine schon weit im voraus gebucht. Ich weiß also, dass ich das ganze nächste Jahr Auftritte habe.
Wie viele sind das?
120 bis 150. Ich versuche, montags bis mittwochs zu Hause zu sein.
Nach Deinem ersten Auftritt in Stuttgart haben wir die halbe Nacht gefeiert. Wie sieht heute ein Tag auf Tour aus?
Ist nicht gerade Sex, Drugs und Rock’n’Roll. Meist fahre ich alleine mit meinem VW-Bus zum Auftritt und danach wieder nach Hause. Wenn es zu weit ist, gehe ich ins Hotel, und in den Hotelbars sitzen um die Zeit überwiegend Vertreter, in der Regel 15 Kerle und eine Frau.
Wirst Du erkannt?
Ich merke das nicht. Auf der Bühne trage ich ja immer einen Anzug und meine Schleimfrisur, das hilft.
Keine Groupies?
Nee, und wenn, dann nicht unbedingt in meinem Alter. Mein Kabarettkollege Torsten Sträter macht sich deswegen immer über mich lustig. Während in seine Shows die jungen Frauen kommen, kriege ich nicht mal deren Mütter, sondern eher die Omas. Meine Frau muss sich keine Sorgen machen. Sie sagt immer: Du gehst auf Tour, okay, mach ruhig, tschüss.
Dein Humor ist schwarz, manchmal provozierend. Kommen damit alle klar?
Es gibt immer ein paar Leute, die vorzeitig raus gehen, aber der Rest findet es gut. Gerade in Schwaben kommt der böse, schwarze Humor gut an, habe ich gemerkt.
Ich weiß, dass Deine Mutter FDP wählt und Dein Vater SPD – täusche ich mich, oder hat die sozialliberale Prägung Deine Einstellung als Comedian beeinflusst?
Vielleicht, aber ich halte kein Parteiprogramm hoch, sondern sehe meine Aufgabe eher darin, Zweifel zu wecken.
Aber Du hast eine klare Haltung.
Sicher. Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen in diesem Land tolerant ist, liberal, offen. Und wenn jemand die AfD wählt, frage ich nach dem Warum. Ich habe mir das Parteiprogramm angeschaut und nachgesehen, welche Lösungsansätze da drin stehen. Keine. Was sagt die AfD zum Thema Bildung? Sie will Bildung für Deutsche. Das ist alles, sonst steht da nichts.
Wirst Du angefeindet, wenn Du auf der Bühne gegen die AfD polemisierst?
Wer zu mir kommt, weiß ja, was drinsteckt. Meine besten Auftritte hatte ich in Dresden oder Chemnitz, obwohl momentan das Vorurteil dominiert, Menschen in Ostdeutschland seien alle rechts. Das stimmt nicht. Auch in Dresden ist die rechte Masse nicht so groß, wie es manchmal in den Medien scheint. Meine Zuschauer freuen sich, wenn jemand kommt, der das sieht und nach außen trägt.
Du machst bei Deinen Auftritten keine Witze mehr über Deinen Namen. Glauben die Leute Dir mittlerweile, dass Du Pufpaff heißt?
Vermutlich nicht, ich muss immer noch oft meinen Ausweis vorzeigen.
Weißt Du eigentlich, dass ich als Kind wegen Dir mal bei der Auskunft angerufen habe? Ich habe der Frau erklärt, dass ich die Nummer von Pufpaff in Bad Honnef brauche – die hat sofort aufgelegt. Mit Deinem Namen als Jurist – das hätte nie geklappt.
Hast Du eine Ahnung: mein Opa war Jurist. Dr. jur. Pufpaff stand an seiner Kanzlei – das sah gut aus.