Sport: Dominik Ignée (doi)

Bei der DTM-Präsentation haben Sie sich mit den Worten vorgestellt, dass Sie von Statistiken nichts halten. War das ein Gag oder ein Rempler gegen Norbert Haug.
Nein, ich möchte den Kollegen gar nicht rempeln, weil ich ihn wegen vieler Dinge, die er gemacht hat, schätze. Ich habe erst dieser Tage mit ihm telefoniert, weil ich seine Meinung hören wollte. Da gibt es nichts anzurempeln. In all den Jahren haben wir uns immer respektiert, aber er hat es so gemacht, wie er es gemacht hat, und ich mache es so, wie ich es mache. Und den kleinen Gag am Rande konnte ich mir einfach nicht verkneifen. Aber es ist mein Charakter. In die Vergangenheit zu schauen bringt überhaupt nichts. Es gibt einen guten Spruch: „Der Homerun von gestern gewinnt nicht das Spiel von heute.“ Das war immer meine Philosophie. Deswegen interessiert es mich auch nicht, wie die Ergebnisse des letzten Jahres waren. Mich interessiert nur, was wir tun müssen, um im Rennsport erfolgreich zu sein.

In der DTM hat Mercedes 2012 die Titel im letzten Rennen verloren, in der Formel 1 ist der aktuelle Trend positiv. Wie groß ist die Erleichterung?
Ich bin schon froh über die Entwicklung, weil ich ja von Anfang an an den Ergebnissen gemessen wurde, egal ob ich mit ihnen zu tun habe oder nicht. Wenn es schlecht gelaufen wäre, hätte ich besonders viel damit zu tun, wenn es so läuft wie jetzt, kommen auch die Kritiker auf mit der Frage: Was hat denn der Wolff mit der Sache zu tun? Damit ein Formel-1-Team funktioniert, bedarf es einer Vielzahl von funktionierenden Ingredienzen: gute Fahrer und Ingenieure, guter Motor, gutes Chassis, gutes Management. Dass Mercedes den Motorsportverantwortlichen nach Brackley geschickt hat, war eine Verpflichtung auch Brackley gegenüber. Es zeigt den Spirit. Darauf liegt im Moment unser Hauptaugenmerk. Natürlich freuen mich die Ergebnisse der ersten Formel-1-Rennen, aber gerade in den vergangenen Jahren war unsere Entwicklungsgeschwindigkeit nicht so hoch wie die der anderen Teams. Das ist etwas, auf dem ich meinen Finger draufhabe.

Wie schwierig ist es, den Engländern den Mercedes-Geist zu vermitteln? Die Leute in Brackley haben ja auch ihren Stolz. Zumal Mercedes ja auch große Probleme mit McLaren hatte und zumal Sie im klassischen Sinne kein Mercedes-Mann sind.
Na ja, ich fühle mich als Mercedes-Mann und bin jetzt ein Mercedes-Mann. Das ist auch meine Rolle, die ich in Brackley habe. Diese Erfahrung, im Motorsport in England zu arbeiten, habe ich ja schon vor Jahren gesammelt, bei Williams. Mit einem Eigentümer, der an Willenskraft nicht zu übertreffen ist. Es ist nun einmal eine andere Mentalität. England ist das Mutterland des Motorsports, darauf sind sie ebenso stolz wie auf ihr Knowhow. Die Unternehmenskultur ist ganz einfach eine ganz andere. Der Engländer geht in der Kommunikation ganz anders vor als wir Deutsche oder Österreicher.

Zum Beispiel?
Ich glaube, dass die englische Businesssprache viel feiner ist als die deutsche. Es kann etwas viel präziser ausgedrückt werden. Ein Engländer ist außerdem viel diplomatischer, er würde einem nie mit dem Hintern ins Gesicht springen. Wenn wir etwas nicht gut finden, dann sagen wir: So machen wir das nicht. Der Engländer würde sagen: That is interesting, was nichts anderes heißt als totaler Schwachsinn. Das muss man lernen. Man kann zwar nicht alle Engländer über einen Kamm scheren, aber man hat am Anfang schon das Gefühl, dass man gegen eine Gummiwand rennt. Deswegen ist es wichtig, vor Ort zu sein.