Die Politologin Insa Deimann arbeitet für das Welternährungsprogramm der UN im Sudan. Sie muss erleben, wie Krieg und Zerstörung immer wieder jahrelange Aufbauarbeit zunichte machen. Ans Aufgeben denkt sie aber nicht.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)
Frau Deimann, muss man unter dem sogenannten Helfersyndrom leiden, um Ihre Arbeit machen zu können?
Nein, das glaube ich nicht! Ich helfe natürlich gerne Menschen, aber ich glaube nicht, dass ich dieses Bedürfnis stärker verspüre als andere. Ich habe mich dazu entschieden, im Südsudan zu arbeiten, weil das Hilfsprogramm dort sehr spannend ist und ich so die Möglichkeit habe, den jüngsten Staat der Erde kennenzulernen. Allgemein ist es sehr interessant im Ausland zu arbeiten, weil wir miterleben können, was die Hilfe bewirkt.
Verstehen Ihre Freunde in Deutschland, was sie vor Ort tatsächlich machen?
Ich merke, dass die Leute hier oft sehr beeindruckt sind von dem, was ich mache, und ich bekomme eigentlich nur positive Rückmeldungen. Aber die meisten haben im Grunde gar keine Vorstellung, wie meine Arbeit aussieht. Sie denken, dass alles sehr schwierig ist und dass meine WFP-Kollegen und ich angesichts des Leids in dem Land sehr traumatisiert sein müssen.
Wie geht man damit um, jeden Tag so viel Elend zu sehen?
Wir können psychologische Betreuung in Anspruch nehmen, was ich aber selbst noch nicht gemacht habe. Wenn man eine Weile in solch einem Kontext lebt, kann es passieren, dass dieser Ausnahmezustand zur Normalität wird. Wirklich gewöhnen an das Leid kann sich aber niemand. Wichtig ist, mit den Kollegen über die eigene Arbeit zu reden und sich untereinander zu unterstützen.
Das eigentliche Ziel der Hilfe ist, dass sich die Menschen am Ende selbst helfen können. Ist dieser Ansatz im Südsudan im Moment umzusetzen?
In einer Kriegssituation ist das natürlich sehr schwierig. Wir organisieren im Südsudan Programme, die den Menschen und vor allem Kleinbauern dabei helfen, sich langfristig selbst zu versorgen. Die wollten wir dieses Jahr noch stärker ausbauen, aber dann kam der Ausbruch des Krieges, und wir mussten viele Entwicklungsprogramme zurückfahren. In einigen Landesteilen, wo es relativ ruhig ist, führen wir diese Arbeit natürlich weiter. In den direkten Krisengebieten ist das aber unmöglich.
Vieles im Südsudan ist zerstört, was WFP und seine Helfer aufgebaut haben. Wie groß ist da Ihre eigene Verzweiflung?
Ich habe auch Momente, in denen ich mich frage, wann die Familien sich jemals selbst ernähren können. Unsere längerfristigen Hilfsprogramme im Südsudan liefen wirklich gut, und nun sind wir wieder weit zurückgeworfen. An manchen Stellen müssen wir sogar bei null beginnen. Das ist eine sehr schwierige Situation. Aber ich frage mich immer: Was ist die Alternative? Nichts zu tun ist keine Option. Der Konflikt trifft viele Zivilisten, auch Kinder – denen müssen wir einfach helfen.