Wie erklären Sie sich dann den medial beachteten „Trauermarsch“ der Belegschaft?
Weil der Wettbewerb in Baden-Württemberg neu ist, haben die Mitarbeiter vermutlich Sorgen. Ausschreibungen und Wettbewerbe gibt es aber seit mindestens zwölf Jahren in Deutschland. Anderswo steht die Bahn längst im Wettbewerb. Und ich habe nie gehört, dass es vergleichbare Demonstrationen gegeben hat.
Die Bahn-Mitarbeiter wissen, dass Sie mindestens ein Stuttgarter Teilnetz verlieren werden und befürchten daher einen Personalabbau am Standort Stuttgart.
Aber selbst wenn die DB Regio das eine oder andere Netz nicht mehr gewinnt, wird sie aufgrund ihrer Größe und Fähigkeit noch immer ein großer Gewinner in diesem System sein – sofern sie gute Angebote macht. Was die DB aber garantiert verliert, ist ihre Superrendite. Zur Personalsituation im Schienenverkehr muss ich deutlich sagen, dass diese sich über den Wettbewerb völlig verändert hat. Vor 15 Jahren wollte die DB-Führung überzählige Mitarbeiter loswerden. Heute tun wir uns schwer, Lokführer und Zugbegleiter zu bekommen. Wir sind im Land nahe an der Vollbeschäftigung. In der privaten Wirtschaft, vor allem im Großraum Stuttgart, werden höhere Löhne als bei Bus- und Bahnbetrieben gezahlt.
Ist die Sorge der Beschäftigten berechtigt, dass sie die bei der DB üblichen Sozialleistungen verlieren, wenn sie beim Auftragsverlust zu den Privaten wechseln müssen?
Kein Bahnbeschäftigter wird seinen Arbeitsplatz verlieren. Im Ernstfall wird er eben einem anderen Bereich oder Ort zugeordnet. Das haben die Gewerkschaften im Rahmen der Privatisierung der DB ausgehandelt. Ganz so tragisch kann dies für Mitarbeiter, die ohnehin im Zug unterwegs sind, nicht sein, sofern sie abends wieder zu Hause sind. Sollte ein neues Unternehmen ein Netz gewinnen, braucht es qualifizierte Mitarbeiter. DB-Beschäftigte können ausloten, was die private Konkurrenz bietet. Ist es zu wenig, bleiben sie eben bei der DB.
Es heißt, die Qualität der Lokführerausbildung würde durch den Wettbewerb leiden, die Sicherheit werde gefährdet. Billigarbeitskräfte würden auf Zeit vermietet.
Die Prüfung von Lokführern regelt nicht ein Bundesland und keine Ausschreibung. Dafür ist der Bund zuständig. Es gibt in Baden-Württemberg eine große Gesellschaft, die Lokführer verleiht, alles gut ausgebildete, hoch qualifizierte Kräfte, die den Besteller über die Leihgebühr bis zu 50 Prozent mehr kosten als eigene. In den landeseigenen Eisenbahnverkehrsunternehmen habe ich das Anmieten einstellen lassen, weil es zu teuer ist, und veranlasst, dass mehr eigene Leute ausgebildet werden. Wir haben auch die Bezahlung angehoben, damit uns die Leute nicht ständig weglaufen.