Sport: Carlos Ubina (cu)
Sie haben einst den Satz geprägt: die Null muss stehen. Ist das künftig auch beim VfB das oberste Gebot?
Nein, nicht nur. Man darf aber nicht mit Gewalt versuchen, die Spieler etwas tun zu lassen, was der Trainer will, sie selbst aber vielleicht nicht leisten können. Das kann nicht klappen. Nur wenn die Spieler sich wohlfühlen, können sie Leistung bringen. Es geht daher darum herauszufinden, mit welcher Mannschaft wir erfolgreich sein können und am Ende ein Tor mehr schießen als der Gegner.
Fredi Bobic betont immer wieder, es liege nicht an der Qualität, dass der VfB so abgestürzt ist. Ist das auch Ihr Eindruck?
Ich sehe, dass Qualität vorhanden ist. Es sind aber viele unterschiedliche Qualitäten gefragt: technische, taktische, man braucht Mentalität und Persönlichkeit. Jeder einzelne muss in seinem Bereich das einbringen, worin er am stärksten ist. Auf die richtige Mischung kommt es an.
Sie haben vorhin gesagt, die Spieler hätten sich verändert. Gilt das auch für Sie?
Man lernt doch immer dazu im Leben. Ein Tag, an dem man nichts lernt, ist ein verlorener Tag. Ich lerne auch hier jeden Tag dazu. Als junger Trainer sitzt du permanent im Tunnel und kommst nicht mehr raus. Das war bei mir in den ersten Jahren auf Schalke nicht anders. Inzwischen fällt es mir leichter, auch mal aus dem Tunnel auszubrechen, ein Glas Rotwein zu trinken und an andere Dinge zu denken. Das hilft.
Sind Sie gelassener geworden?
Ich bin noch immer geradlinig, ich bin ehrlich. Und wer ehrlich ist, ist manchmal auch sehr hart. Ich bin ein Mensch, der mitten im Leben steht. Ich kann mich freuen, ich bin aber auch mal enttäuscht. Manchmal zeige ich das, manchmal nicht. Dann baue ich eine Mauer um mich herum auf.
Ist der Mensch Huub Stevens anders als der Trainer?
Das kann man nicht trennen. Wenn ich das tun würde, würde ich gegen eine Wand laufen. Ich will ganz nah bei mir selbst bleiben. Du kannst als Trainer keine Show aufführen. Sonst hätte ich Schauspieler werden müssen. Dafür bin ich jetzt aber zu alt.
Wie überzeugt sind Sie davon, dass der VfB in der Bundesliga bleibt?
Ich werde das Beste geben, was in mir steckt, um den VfB da unten rauszuholen. Ich werde für das Ziel Klassenerhalt nicht 100, sondern 120 Prozent geben. Und das verlange ich auch von den Spielern.
Und wenn es klappt, muss sich Ihre Frau Toos weiterhin gedulden, weil Sie auch in der nächsten Saison beim VfB bleiben.
Es kann sein, dass sich meine Frau gedulden muss. Aber diese Gespräche werden wir erst nach der Saison führen und ganz sicher nicht jetzt. Ich war mir mit Fredi Bobic völlig einig, dass wir zunächst nur bis Saisonende zusammenarbeiten. Was danach kommt, werden wir sehen.
Sie könnten ja versuchen, auch beim VfB Jahrhundertrainer zu werden.
Dass die Fans auf Schalke mich dazu gewählt haben, ehrt mich sehr. Ich bin aber nicht wichtig.