Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)


Stichwort Strahlkraft: in einem bestimmten Milieu hat Hip-Hop den Ruf von Stuttgart überregional elementar verbessert. Herr Strachwitz, woher kommen die Besucher der Hip-Hop Open?
Strachwitz Wenn wir die Ticketverkäufe betrachten, dann geht es bis in den Norden Deutschlands, aber auch in den Osten, auf der anderen Seite bis zur holländischen Grenze, teilweise in den Ruhrpott. Der Fokus liegt aber auf einem 150-Kilometer-Zirkel rund um Stuttgart herum.

Herr Dellnitz, Sie kommen ursprünglich ja aus dem Norden. Hand aufs Herz: wie haben sie Stuttgart aus der Ferne gesehen?
Dellnitz Stuttgart war für mich immer eine sehr hochwertige, aufgeräumte, sichere Stadt. Die Stadt hatte für mich etwas sehr typisch Deutsches mit einer hohen Qualität. Diese Sicht war auch geprägt durch Porsche und Mercedes. Als Eigenschaften des Produkts Stuttgart, mit dem ich mittlerweile arbeite, schätze ich das sehr.

Und was hat Ihnen aus der Distanz betrachtet gefehlt?
Dellnitz Eine Einzigartigkeit. Wir haben hier keine Semperoper, keinen Kölner Dom. Es hat mich gereizt, an dieser Einzigartigkeit zu arbeiten. Ich denke, dass die Region immer noch viel zu viel unterschätzt wird. Es gibt Leute, die noch nie hier waren, aber die Nase rümpfen, wenn sie von Stuttgart hören. Genau das stört mich, reizt mich aber in der Herausforderung gleichermaßen.

Kürzlich erzählte eine Schauspielerin vom Staatstheater, dass sie nur Spott geerntet hat, als sie sagte, sie ziehe von Bremen nach Stuttgart. Hier angekommen, hat sie sofort ihre Freundinnen angerufen und die Damen auf die Vorwahl 07 11 hingewiesen, die die Hip-Hopper in den 90ern deutschlandweit als Code in ihren Texten zur Marke gemacht haben. Ist eine solche Art des Stadtmarketings die wirksamste?
Dellnitz Sicherlich, ja. Man muss aber auch sehen, um welche Zielgruppe wir hauptsächlich buhlen: Klassische Städtetouristen sind eher älter. Wir reden hier von 50 plus, mal abgesehen von den Businessreisenden. Wir haben aber in unserer Marketingstrategie die Zielgruppe der Jungenthusiasten. Leute, die in erster Linie aufgrund eines Events hierherkommen. Unser Ziel ist, dieser Zielgruppe noch mehr Lust auf Stuttgart zu machen.
Strachwitz Diesen Punkt finde ich sehr wichtig. Stuttgart steht schließlich nicht nur im Kontext „Kreativwirtschaft“ mit zahlreichen anderen Standorten im Wettbewerb, sondern angesichts des demografischen Wandels zunehmend auch bei der immer knapper werdenden Ressource „junge Menschen“. Wichtig sind dabei Lebensqualität und Musik – der Faktor Party darf in Stuttgart daher auf keinen Fall übersehen werden, sonst ziehen immer mehr junge Kreative ins kulturell spannendere Berlin. Und damit meine ich keine Jugendlichen, sondern die Generation bis 30 Jahre hoch. Entsprechend sind Festivals wie das Hip-Hop Open sehr wichtig für Stuttgart.