Viel Kritik gibt es auch am Verfahren selbst, viele hätten lieber einen Faktencheck auf den Fildern gesehen.
Also, man muss das Verfahren erst einmal selbst erlebt haben, um es beurteilen zu können. Wir haben uns ganz bewusst für einen anderen Ansatz entschieden. Wir wollten keine weitere Geißler-Schlichtung mit Experten, die sich wohlbekannte Thesen mit guten oder schlechten Begründungen berichten – mit dem zu erwartenden Erfolg, dass sich gar nichts bewegt. Auch Heiner Geißler musste am Ende ja einen kühnen und nicht in allen Punkten realistischen Schlichterspruch fällen, weil die Positionen nicht vereinbar waren. Unser Verfahren basiert darauf, eine Großgruppenmoderation mit Menschen durchzuführen, die etwas offener, neugieriger und nicht ganz so festgelegt sind. Dadurch ergibt sich die Chance, dass sich in der Diskussion mit Menschen, die schon feste Meinungen haben, Bewegung entsteht. Ganz Stuttgart ist eine verfehdete Großgruppe, es muss erstmal ein Gruppenprozess in Gang gesetzt werden. Dieses Verfahren hat sich bei festgefahrenen Konflikten schon sehr bewährt, um Diskussionen zu öffnen, neue Aspekte ins Spiel zu bringen, überhaupt einen Dialog zu ermöglichen. Das ist der tiefere Sinn dabei.

Welchen Spielraum gibt es bei der Diskussion über die beste Trasse zwischen Rohrer Kurve und Flughafen tatsächlich?
Ich bin nicht das Orakel von Delphi. Aber ich habe dieses Verfahren persönlich unterstützt, weil ich den Eindruck habe, dass in den Köpfen der Akteure einiges in Bewegung ist. Bestimmte Prämissen scheinen nicht mehr so fest zu stehen, wie das vielleicht der Fall war. Ich denke, dass es auf jeden Fall eine ausreichend große Bereitschaft zum Nachdenken gibt. Und das reicht für mich, um es zu versuchen. Falls es wirklich auf die Antragstrasse hinausläuft, wäre diese zumindest besser begründet und diskutiert worden. Es ist damit auch eine Vorbereitung auf das spätere Planfeststellungsverfahren. Der Filderdialog bringt alle Argumente und Informationen über die Trassen auf den Tisch. Ein Nutzen ist also auf jeden Fall da.

Wenn sich das Verfahren tatsächlich bewähren sollte, wird es dann zu einer Blaupause, also richtungsweisend für die Zukunft?
Zumindest bei einzelnen Elementen daraus ist das vorstellbar. Es wäre ein Zeichen, dass es sich lohnt, mit solchen Methoden auch in Konfliktsituationen zu gehen. Und dass es möglich und sinnvoll ist, auch die sogenannten stimmlosen Bürger einzubinden, nicht nur engagierte und betroffene Anwohner. Insofern könnte dieses Verfahren ein beispielhaftes Modell sein, für die Zukunft wird man aber sicher auch noch neue Formen finden müssen.