Welche Auswirkungen auf den Wettbewerb hätte eine Komplettübernahme durch Edeka.
Edeka ist der größte aller Lebensmitteleinzelhändler. Wenn er noch größer wird, könnte dies zumindest nicht nur in einigen Regionen negative Auswirkungen auf die Konsumenten haben, die langfristig mit steigenden Preisen und geringeren Wahlmöglichkeiten rechnen müssten, sondern auch für die Lieferanten, gegenüber denen Edeka bessere Einkaufskonditionen durchsetzen könnte. Das wiederum würde dazu führen, dass kleinere Wettbewerber schlechtere Konditionen bei eben jenen Lieferanten bekämen und Edeka langfristig seinen Vorsprung weiter ausbauen könnte.
Wie steht es um die Auswirkungen für die Beschäftigten?
Für die einzelnen Betroffenen drohen zweifellos tragische Konsequenzen. Die entscheidende Frage ist aber: Ist die Erhaltung von Arbeitsplätzen in einem bestimmten Unternehmen, bei Tengelmann, ein gesamtwirtschaftlicher Vorteil oder besteht daran ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit oder ist dies nur dann der Fall, wenn sich die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt insgesamt verbessern? Schon bei zwei früheren Ministererlaubnisverfahren hat man mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen argumentiert, mit der schmerzlichen Konsequenz, dass die fusionierten Unternehmen kurze Zeit später doch Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut haben oder, im zweiten Fall, nach zwei Jahren Konkurs angemeldet haben. In dem Zusammenhang müsste man auch die Frage stellen, ob die Genehmigung einer wettbewerbsbeschränkenden Fusion das geeignetste wirtschaftspolitische Instrument ist, um Arbeitsplätze zu sichern.
Das OLG bemängelt in seinem Entscheid auch, dass der Ministererlaubnis nicht zu entnehmen sei, „ob und in welchem Umfang die Möglichkeit eines fusionsbedingten Stellenabbaus bei Edeka in die Abwägungsentscheidung einbezogen wurde“. Mit anderen Worten, Gabriel rettet Tausende Tengelmann-Jobs zu Lasten von Tausenden bei Edeka?
Ganz genau. Wenn es zum Beispiel Doppelstandorte gibt und Edeka die Tengelmann-Filiale nicht schließen darf, dann wird einfach der Vertrag mit dem Edeka-Partner nicht verlängert oder die entsprechende Edeka-Filiale geschlossen. Das scheint mir doch eher eine leicht zu nehmende Hürde zu sein als eine knallharte Auflage.
Was wären denn die Folgen einer Aufspaltung von Tengelmann?
Die Supermarktkette ist seit vielen Jahren defizitär. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass eine ganze Reihe von Filialen geschlossen wird. Das wäre voraussichtlich aber auch dann passiert, wenn die Fusion – egal ob mit oder ohne Auflagen – genehmigt worden wäre. Sollten nun andere Interessenten zum Zuge kommen, könnte zumindest ein Teil der Schließungen vermieden werden. Es hängt allerdings stark davon ab, wie lange sich die juristischen Verfahren jetzt noch hinziehen.
Sie meinen weil Tengelmann-Chef Haub zwischenzeitlich die Nerven verlieren und Insolvenz anmelden könnte?
Das ist nicht auszuschließen und wäre aus Sicht der Beschäftigten vermutlich der größte anzunehmende Unfall. Aber selbst dann gäbe es sicherlich einige Konkurrenten, die Interesse an einer Reihe von Standorten hätten.