Kann Europa das noch schaffen? Ist es überhaupt realistisch, eine Alternative zu Microsoft oder Cisco zu entwickeln, die dann vielleicht auch von der NSA nicht überwacht werden kann?
Ich kann das nur von der technischen Seite her beantworten – also nicht die Frage klären, ob die Einkaufsmanager der Firmen europäische Produkte annehmen würden. Aber die technische Kompetenz ist in Deutschland und Europa durchaus vorhanden. An den Universitäten gibt es beachtliche Expertise – und was Deutschland anbelangt, bei der Fraunhofer-Gesellschaft und auch bei der Max-Planck-Gesellschaft. Aber der Rückstand gegenüber den USA oder China lässt sich nicht über Nacht aufholen. Dazu bedarf es einer konzertierten Anstrengung und auch eines langen Atems.
Das war bei Airbus auch so.
Das stimmt. Deshalb sage ich auch nicht, dass der Rückstand uneinholbar ist. Aber das setzt eine klare Strategie, Kooperation und eben auch einige Geduld voraus.
Wo würden Sie als Erstes konkret ansetzen?
Bei der Netzwerktechnik. Dort müssen wir selbstständig und unabhängig werden, weil diese unseren Alltag immer weiter durchdringt und die Basis für alle IT und auch die IT-Sicherheit ist.
Gerade was IT anbelangt, hat sich der Staat nicht als erfolgreicher Akteur erwiesen – Stichwort: Lkw-Maut oder elektronische Gesundheitskarte. Warum sollte das bei der Netzwerktechnik besser klappen?
Ich sage ja nicht, dass Behörden die Entwicklung in die Hand nehmen sollen. Es geht vielmehr darum, den Mangel, von dem wir eingangs sprachen, klar zu konstatieren. Daraus muss das Ziel folgen, unabhängig von den heute so starken Anbietern zu werden. Und das heißt: es braucht einen Prozess, in dem Forscher, Firmen und die staatliche Forschungsförderung darangehen, europäische Lösungen zu schaffen.
Wird die Forschung und Entwicklung in diesem Gebiet in Deutschland hinreichend gefördert?
Das Bundesforschungsministerium fördert beispielsweise drei Kompetenzzentren für praxisnahe IT-Sicherheit: „Cispa“ in Saarbrücken, „EC-Spride“ in Darmstadt und „Kastel“ in Karlsruhe. Aber es ist ein weiter Weg von der praxisbezogenen Forschung über ein Erfolg versprechendes Produkt zu einer florierenden Branche. Hier braucht man einen langen Atem.