Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Immerhin ist eine Aufstockung um weitere 10 000 Flüchtlinge im Gespräch.
Es müssten vielleicht zehnmal so viele sein – das wäre immer noch relativ wenig und im Grunde eine symbolische Zahl, aber es wäre eine wirklich starke Geste nach Europa hinein. Während des Bosnienkriegs haben wir damals 320 000 Menschen aufgenommen und sie bei der Rückkehr unterstützt – warum soll das im Fall Syrien nicht auch gehen?
Wo liegen die größten Hemmnisse in der Aufnahme von Flüchtlingen?
Die Aufnahmeverfahren sind extrem kompliziert und für einfache Leute schwer zu durchschauen, es sind viele Filter dazwischen – gleich zu Anfang zum Beispiel die Registrierung beim UNHCR, vor der viele Syrer Angst haben, weil sie nach ihrer Rückkehr in die Heimat eine Stigmatisierung durch das Assad-Regime fürchten, sollte dieses an der Macht bleiben. Unmöglich für viele ist auch der Nachweis, dass Angehörige in Deutschland ihren Unterhalt sichern können. Man muss anerkennen, dass es nicht einfach ist, eine solide Auswahl zu treffen. Dennoch sollte es einfachere Verfahren geben.
Eine Willkommenskultur haben wir noch nicht?
Man sollte sich vor pauschalen Urteilen hüten. Es gibt sehr viele gute Beispiele dafür, dass sich Menschen rührend um Flüchtlinge kümmern. Aber grundsätzlich ist es in der Tat so, dass unser Verhältnis gegenüber Flüchtlingen von Angst geprägt ist. Dazu besteht aus meiner Sicht kein Grund. Ich habe berührende Szenen erlebt, wie die Flüchtlinge im Libanon aufgenommen und unterstützt werden – und dies, obwohl dort oft Arme auf Arme treffen. Daran sollte man sich auch bei uns ein Beispiel nehmen.
Tut die Kirche genug, um diese Kultur zu bewirken?
Auch da gibt es eine gewisse Pluralität. Ich würde aber unterm Strich sagen, dass die Kirchengemeinden – katholisch wie evangelisch – diejenigen sind, die eine große Sensibilität gegenüber der Situation von Flüchtlingen haben, wenn sie in Deutschland ankommen. Damit sie überhaupt herkommen können, sind jetzt allerdings erst einmal die entsprechenden politischen Entscheidungen nötig.