Die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer geht vor dem Parteitag auf Konfrontationskurs zu grünen Nachwuchsorganisationen.

Stuttgart Das Thema berührt die grüne Seele. Beim Treffen in einer Woche diskutiert die Partei ein Verbot militärischer Forschung an baden-württembergischen Hochschulen. Die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer setzt auf Transparenz statt auf Einschränkungen.
Frau Bauer, wenn eine Grünen-Politikerin das Wissenschaftsministerium führt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis militärische Forschung verboten wird, nicht wahr?
Mit mir wird es nicht dazu kommen, dass wir irgendein Forschungsgebiet verbieten. Ich glaube, dass eine grüne Wissenschaftsministerin gut daran tut, das Thema Unabhängigkeit der Wissenschaft sehr ernst zu nehmen. Es geht darum, unsere Hochschulen vor Übergriffen und Abhängigkeiten zu schützen. Wir müssen sie auch schützen vor Instanzen, die Vorschriften machen, welche Fragen gestellt und welche Antworten geliefert werden dürfen. Die Unabhängigkeit von Wissenschaft ist ein Verfassungsgut. Sie ist ohne jeglichen Vorbehalt in Grundgesetz und Landesverfassung gesichert. Es gehört zu den unveräußerlichen Grundrechten, dass Wissenschaft, Forschung und Lehre frei sind. Deswegen werde ich alles dafür tun, diese Freiheit zu verteidigen, sie weiter zu entwickeln und sie vor alten und neuen Bedrohungen zu schützen.

Wäre die Wissenschaftsfreiheit zwangsläufig eingeschränkt, wenn eine Klausel ins Gesetz käme, wonach nur zu zivilen Zwecken geforscht werden darf?
Die Appelle, wir sollten eine Zivilklausel aufnehmen, sind sehr allgemein, deshalb auch unverbindlich. Würde man sagen, ,das Nachdenken über Militärisches ist verboten’, oder ,Forschung darf nur einem friedlichen Zweck dienen’, dann wäre Forschung in der Tat stark eingeschränkt. Gerade in der Grundlagenforschung lassen sich die Zwecke oft gar nicht definieren. Und wem sollte der Forscher außerdem erklären, zu welchem Zweck seine Forschung eingesetzt werden kann? Der Ministerin, dem Rektor?

Wo ist die Grenze zwischen zivilen und militärischen Forschungen?
Es gibt viele Forschungsergebnisse, die lassen sich zivil und militärisch nutzen. Kein Wissenschaftler wird erklären können, dass man seine Erkenntnisse unter gar keinen Umständen militärisch nutzen kann. Eine Drohne – ein unbemanntes Flugobjekt – kann man einsetzen, um aus der Luft den Algenwuchs von Küstenregionen festzustellen, Schäden am Freiburger Münster auszumachen, oder man kann mit ihnen eine militärische Bedrohungslage auskundschaften. Man kann die meisten Dinge für unterschiedliche Zwecke einsetzen. Der Versuch muss misslingen, die Nutzung von Forschungsergebnissen eindeutig zu definieren oder gar die Erarbeitung eines Themas einem Zweck zu unterwerfen.

Umgekehrt kann ja militärische Forschung auch zivilen Zwecken dienen.
Die Erfindung des Internets ist das beste Beispiel dafür. Die geht auch auf eine militärische Forschung zurück. Oder nehmen wir mal Ulm. Da haben wir ein Bundeswehrkrankenhaus in direkter Nähe zu einem Universitätsklinikum mit einer ausgewiesenen Stärke in der Traumatologie. Sowohl das Verteidigungsministerium als auch das Bundeswehrkrankenhaus als auch das Uniklinikum haben gute Gründe, zusammenzuarbeiten, um die Auswirkungen von multiplen traumatologischen Schädigungen zu erforschen. Was sollten wir dagegen haben? Wir haben vielmehr guten Grund solche Formen von Kooperation, die selbstverständlich auch militärisch relevant sind, zu fördern.