Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Vor einem Jahr deuteten Sie noch an, dass zur 50. Sicherheitskonferenz US-Präsident Obama kommen könnte – das war dann doch eine Nummer zu groß. Nun kommt immerhin Außenminister Kerry...
... mit einer ganz großen Truppe...
... bleibt es ein Ziel, den Präsidenten nach München zu locken?
Es gibt immer die Hoffnung, eine Konstellation zu erwischen, wo so ein Besuch ins amerikanische Programm passen würde. Es wäre aber vermessen zu glauben, dass der US-Präsident, der weltweit erwartet wird, innerhalb eines halben Jahres zweimal nach Deutschland kommt. Trotzdem werden wir mit den Kollegen im Weißen Haus immer wieder diese Frage aufwerfen. Vielleicht passt es dann 2015 oder 2016.
Wie lange wird es dauern, um das transatlantische Verhältnis infolge der NSA-Affäre zu reparieren? Hat die amerikanische Regierung zwischenzeitlich eingesehen, was sie da aufs Spiel gesetzt hat?
Das Verständnis für den erheblichen Vertrauensschaden ist inzwischen da. Man begreift in Washington auch die Sorgen amerikanischer Firmen im IT-Bereich, dass sie Marktchancen verlieren. Die Tatsache, dass sich die US-Regierung in so großer Breite nach München aufmachen wird, zeigt, dass sie ein vertieftes Gespräch auf allen Ebenen für notwendig hält und dass man signalisieren will: Wir haben verstanden. Aber seien wir nicht blauäugig: Spionage wird wegen der technologischen Entwicklung eher zunehmen. Nur braucht es künftig ein paar Grundregeln. Das Abhören von Handys unter Partnern sollte man nicht nur unterlassen – es ist einfach dämlich. Das muss beendet werden. Nur so kann Vertrauen wieder aufgebaut werden.
Washington will sich dem Anti-Spionage-Abkommen entziehen – muss sich Deutschland gegenüber den Amerikanern nicht weiter emanzipieren?
Es war von Anfang an sehr ambitioniert, ein solches Abkommen mit den USA anzustreben, solange wir noch nicht einmal innerhalb der EU klare Regeln haben, was im Spionagebereich erlaubt ist und was nicht. Da sollten wir erstmal EU-interne Klärungen herbeiführen, auch zur Datenschutzverordnung. Außerdem sind wir nicht der Hauptkontrahent. Der Vorgang ist kein deutsch-amerikanisches Streitobjekt. Durch bilaterale Gespräche können wir da nicht eine völlig neue Landschaft schaffen. Wissen wir denn genau, wer sonst noch alles massiv bei uns und in der EU spioniert? Ich habe da erhebliche Sorgen – die würden durch ein deutsch-amerikanisches No-spy-Abkommen überhaupt nicht kleiner.
Sie sind als Botschafter mutmaßlich abgehört worden; haben Sie da in der NSA-Debatte neue Erkenntnisse gewonnen?
Das ist doch jedem in der internationalen Diplomatie klar. Schon als ich in den siebziger Jahren als Attaché anfing, wurde uns das eingebläut. Ich habe auf meinen Auslandsposten nie die Illusion gehabt, nicht abgehört zu werden.
Wie abhörsicher ist der vertrauliche Teil der Konferenz?
Als Veranstalter trage ich keine Verantwortung für derartige Vorkehrungen. Wir sind nicht um Kommunikationssicherheit bemüht. Da muss sich jede Delegation selbst Gedanken machen, was sie tun will. Unsere einzige Sorge ist es in Zusammenarbeit mit der Polizei, dass die Teilnehmer geschützt sind.
Ist es richtig, wenn der Bundespräsident seine Teilnahme an den olympischen Winterspielen absagt? Versteht der russische Präsident Putin nur eine klare Sprache?
Ich habe die Absage nicht zu kommentieren. Es ist ja kein Naturgesetz, dass das Staatsoberhaupt bei diesem Ereignis automatisch dabei sein muss. Frühere Bundespräsidenten sind mal hingefahren und manchmal auch nicht. Somit sollte man sich darüber gar nicht so groß aufregen. Ich fand das etwas übertrieben, was da hineingeheimnist worden ist.
Sie sind in der Welt zu Haus – Ihre Heimat jedoch liegt im Schwäbischen. Was zieht Sie noch in diese Region?
Ich bin in Nürtingen zur Schule gegangen, habe dort Abitur gemacht und durfte meine ersten großen Konzerte in der Stuttgarter Liederhalle erleben. Das prägt sich tief ein. Nach dem Tod meiner Eltern, die in Nürtingen gelebt haben, sind meine familiären Bindungen leider schwächer geworden. Aber ich habe eine neue Nabelschnur durch die Honorarprofessur an der Universität Tübingen, die mich regelmäßig im Sommersemester in die Heimat führt. Und wenn ich hier in Berlin meinen früheren Chef Klaus Kinkel treffe, schwätzen wir schwäbisch miteinander.