Stuttgart - Etwas Besseres kann einem jungen Start-up-Unternehmen kaum passieren: Ein millionenschwerer Profi aus der Fußball-Bundesliga steigt als Investor ein und bringt nicht nur gutes Geld mit, sondern auch die Firma in die Schlagzeilen. Unter Spielern und Ex-Spielern kommt es immer mehr in Mode, sich nicht nur im Sport, sondern auch in der Businesswelt als Investor und Gründer hervorzutun – finanzielle Flops inklusive.
Besonders umtriebig ist beispielsweise HSV-Präsident Marcell Jansen, der schon in Sanitätshäuser und Männerintimpflegeprodukte investiert hat, aber auch in ein soziales Netzwerk für Sportfans, das jedoch scheiterte. Philipp Lahm, inzwischen DFB-Funktionär, tritt gar mit einer eigenen Holding auf. Er investierte schon vor dem Karriereende in Start-ups wie Fanmiles (Treuepunkte für Sportfans), kaufte später aber auch Traditionsunternehmen: erst Schneekoppe (Naturkost), dann Sixtus, eine Körperpflegemarke – nur um dort nach kurzer Zeit einen Großteil der Belegschaft zu entlassen.
Timo Hildebrand wurde selbst Gründer des veganen Restaurants „vhy!“
Vielfältig unterwegs ist auch Martin Harnik. Der Ex-Stuttgarter eröffnete 2018 mit VfB-Stürmer Daniel Ginczek die Edelmetzgerei „Meat Club“ in der Stuttgarter Innenstadt. Da war er bereits Gesellschafter bei „Partyhelden“, einer Firma für Dekoartikel. Kürzlich, nach seinem Karriereende, eröffnete er eine Indoor-Golfanlage nahe Hamburg.
Viele Spieler orientieren sich zuerst an sportnahen Branchen. Auch Timo Hildebrand, einst National- und Meistertorwart beim VfB, dockte nach seiner Profizeit zunächst bei Tailormade an, einer PR-Agentur mit Sportschwerpunkt. „Diese ersten Schritte waren bewusst gewählt“, sagt Hildebrand heute. Bereits als Spieler hatte er sich jedoch auch für das Thema Ernährung interessiert und investierte 2014 in Veganz, ein veganes Lebensmittel-Start-up. Das brachte ihn schließlich in die Gastronomie, mit dem veganen Restaurant „vhy!“ in Stuttgart ist er selbst unter die Gründer gegangen. „Das ist ein enormer Unterschied“, meint Hildebrand. „Sonst gibst du dein Kapital anderen Leuten, die damit wirtschaften, jetzt kannst du deine eigenen Ideen verwirklichen.“
Heutige Spieler setzen auf Trends wie Kryptowährungen und Start-ups
Markus Schäfer aus Stuttgart ist Vermögensberater für diverse Fußballprofis und kann bestätigen, dass gerade jüngere Spieler ihn immer öfter auf Trendthemen wie Kryptowährungen und Start-up-Beteiligungen ansprechen. Aber: „Es ist meine Aufgabe, nachhaltigen Vermögensaufbau zu betreiben“, betont Markus Schäfer – also bremst er seine Kunden oft ein wenig. Selbst unter Bundesligaprofis haben nach seiner Einschätzung nur die Topverdiener genug Kapital, um als Investoren aufzutreten. Darunter rät Schäfer seinen Kunden eher zu klassischen Aktienfonds oder Immobilien, „und mit einem kleineren Betrag können sie auch spielen“.
Auch Timo Hildebrand sieht rückblickend das finanzielle Wagnis, viel Geld auf einmal in ein junges Unternehmen wie Veganz zu stecken. „Eigentlich war es ein viel zu großes Risiko. Das würde ich heute anders machen“, sagt Hildebrand. Immerhin: Für ihn ging es gut aus, Veganz wurde erfolgreich. Doch sein Bruder, der Hildebrands Finanzen verwaltet, rät ihm meist zu sichereren Geschäften.
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Denn: Sich während seiner Profijahre zu verzocken, ist auch auf lange Sicht schmerzhaft. Wer im Laufe der Zeit zu einem ärmeren Verein wechselt oder nicht in der ersten Liga spielt, kann viel Einkommen einbüßen. Und Fußballkarrieren sind häufig mit Mitte 30 vorbei. „Die meisten Spieler fallen am Karriereende erst einmal von einem hohen auf ein viel niedrigeres Gehalt“, erklärt Finanzexperte Schäfer. Finanziell ausgesorgt haben längst nicht alle, denn hochdotierte Managerposten sind rar und das Leben danach noch lang. Schäfer rechnet vor: Wer sich ab 35 bis zum Rentenbeginn 5000 Euro im Monat auszahlen will, müsste bis dahin zwei Millionen Euro auf der Seite haben – also zehn Profijahre lang genug verdienen, um 16 000 Euro pro Monat anzusparen.
Nicht jeder junge Fußballprofi kann vernünftig mit Geld umgehen
Wer als Fußballprofi früh viel verdient, hat häufig noch keinen vernünftigen Umgang mit Geld gelernt, meint Schäfer: „Wenn jemand mit 23 schon 70 000 Euro im Monat verdient, ist es nicht einfach, auf dem Teppich zu bleiben.“ Zu einer Blase, in der es häufig um Statussymbole wie teure Autos oder Uhren gehe, komme jedoch oft die Angst, finanziell ausgenutzt zu werden. Das Umfeld wisse, dass bei dem Spieler Geld zu holen sei, aber nicht jeder meine es gut, meint Schäfer: „Es ist wie bei Lottogewinnern – auf einmal sind alle deine Freunde.“
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Dass persönliche Sympathie nicht immer die beste Investmentberatung ist, musste auch Timo Hildebrand erst lernen. „Klar habe ich auch schon aus Vertrauen Geld verloren“, gibt er zu – die Geschäftsidee eines Freundes, bei dem er eingestiegen war, wollte einfach nicht zünden. Vor Gründern, die ihn ins Boot holen wollen, kann er sich inzwischen kaum noch retten, vor allem in sozialen Netzwerken. „Als ich auf Linkedin gepostet habe, dass Veganz an die Börse geht, bekam ich danach lauter Anfragen von Leuten, die auch noch Investoren suchten“, sagt Hildebrand. „Der Einstieg ist heute viel einfacher als vor zehn Jahren.“ Erst recht, wenn Prominente nicht nur Geld, sondern auch ihren Namen mitbringen.