Die nächste schillernde Investorenfigur, Beny Steinmetz, tritt auf den Plan. Steinmetz hat Milliarden im Diamantengeschäft verdient. Eine Strategie für den kriselnden Kaufhauskonzern fehlt aber weiterhin.

Stuttgart/Jerusalem - Verkäufer bei Karstadt brauchen derzeit wirklich gute Nerven. Das stressige Weihnachtsgeschäft steht an und die zähen Verhandlungen über die Rückkehr ihres Arbeitgebers in den Tarifvertrag sind nach wie vor im Gange. Nun ist am Donnerstag mit Beny Steinmetz auch noch der bereits dritte Großinvestor innerhalb von drei Jahren auf den Plan getreten und wirft wieder neue Fragen zur Zukunft des Krisenkonzerns auf. Es herrscht Unsicherheit auf breiter Front. „Wie soll ein Verkäufer da noch in Ruhe ein vernünftiges Verkaufsgespräch führen“, fragt ein langjähriger Lieferant der Warenhäuser im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung.

 

Für den Unternehmer aus dem Südwesten ist die kurze Zustandsbeschreibung symptomatisch für den Niedergang des Kaufhauses. Karstadt, gegründet 1881 in Wismar, ist ein Teil der deutschen Wirtschaftsgeschichte und wird, so meinen zumindest viele Beobachter, auch bald mit seiner endgültigen Pleite in selbige eingehen. Der Konzern sei mindestens zwanzig Jahre in der Vergangenheit stehen geblieben, erklärt der Ex-Lieferant. Er spricht von verstaubten Ladenkonzepten, veralteten IT-Systemen, Immobilien-Investoren, die weder Ahnung vom noch Interesse am Handelsgeschäft hätten, und einem schlechten Image der Kette in den Augen von Kunden und Geschäftspartnern: „Karstadt ist längst nicht mehr erste Wahl bei den Lieferanten.“ Die Häuser würden sich zwar unverändert in besten Lagen befinden, doch das Unternehmen sei mittlerweile unterklassig aufgestellt.

Vieles deutet auf den Ausstieg von Nicolas Berggruen hin

Von einer klaren Strategie zur Modernisierung der 83 klassischen Karstadt-Warenhäuser fehlt in der Tat noch jede Spur. Mehr als schöne Worte über eine nicht genauer definierte Premium-Strategie von René Benko sind nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Betriebsrat und Gewerkschaft hoffen nun in einem für Januar anberaumten Treffen in kleiner Runde mehr über die Pläne des Österreichers zu erfahren, der im September die Mehrheit an zwei von drei Sparten des Konzerns vom gestrauchelten „Retter“ Nicolas Berggruen übernommen hatte. Mittlerweile deutet einiges auf einen Komplettausstieg Berggruens hin, der Verdi zufolge bis heute keinen Euro eigenes Geld in Karstadt gesteckt hat.

Nun knüpft sich die Hoffnung der Belegschaft an eine andere schillernde Figur. Auf seiner Website präsentiert er sich als„hart arbeitender Visionär“ mit Ambitionen, die so grenzenlos seien wie der Himmel. Hoch hinaus wollte Beny Steinmetz schon, als er in jungen Jahren in den Diamantenhandel eingestiegen ist, in dessen Geheimnisse ihn sein Vater Rubin einweihte. Heute gilt der 57-Jährige als der reichste Israeli weltweit. Sein Vermögen wird laut Bloomberg-Index auf fast sechs Milliarden Euro geschätzt. Das Wirtschaftsimperium, über das er herrscht, ist in 24 Ländern aktiv. Nahezu alles, womit sich viel Geld verdienen lässt, ist dabei: Immobilien und Finanzgeschäfte, Investitionen in Bodenschätze wie Minen, Öl und Gas – und, wie jetzt bekannt wurde, auch ein Anteil von jeweils 37,5 Prozent an der Karstadt-Premiumsparte und den 28 Sporthäusern.

Steinmetz’ Firma ist in Korruptionsverfahren verwickelt

Ganz durchsichtig ist das Unternehmensgebaren der Steinmetz-Gruppe allerdings nicht. So sorgte im September eine polizeiliche Durchsuchung seiner Villa in Genf für Aufsehen. Die westafrikanische Militärdiktatur Guinea hatte die Schweizer um Amtshilfe gebeten, weil der Unternehmer sich quasi für einen Apfel und ein Butterbrot 50 Prozent der Schürfrechte in den landesweiten Minen, in denen riesige Vorkommen an Eisenerzen schlummern, erworben habe. Es bestehe der Verdacht, Steinmetz und seine Leute hätten Regierungsbeamte bestochen. „Wir waren etwas naiv“, hat er selbst zu den Vorwürfen Stellung bezogen. Mit harten Geschäftspraktiken in Entwicklungs- und Schwellenländern wie Südafrika, Namibia, Botswana oder Indien scheint sich Steinmetz aber auszukennen. Man müsse dort „ganz praktisch vorgehen“ und sich „die Hände schmutzig machen“, hat der sonst medienscheue Milliardär einmal der „Financial Times“ gesagt.

Allerdings hat sich Steinmetz auch beim Finanzamt in Tel Aviv nicht gerade Freunde gemacht. Sein verschachteltes Imperium ist so konstruiert, dass nur geringe Steuern anfallen. „Alles legal“, versichert der Israeli. Seinen Hauptwohnsitz hat er indes 2007 nach Genf verlegt. „Ich fühle mich als internationaler Israeli“, bekennt der in Netanja geborene Geschäftsmann. Das Kunstmuseum in Tel Aviv profitiert dennoch von großzügigen Gaben der Steinmetz-Stiftung, die er mit Ehefrau Agnes unterhält. Gemeinsam haben sie vier Kinder, von denen ein Sohn gerade Militärdienst in Israel leistet. Auch Beny Steinmetz hat einst drei Jahre bei der Armee gedient. Danach ging er nach Antwerpen – in den Taschen ein Säckchen voll Diamanten.