Investor des VfB Stuttgart Wie Mercedes über einen Ausstieg beim VfB nachdenkt

Verschwindet der Schriftzug der Mercedes-Benz Bank schon bald von der Brust der VfB-Spieler (hier Tiago Tomas)? Unsere Bildergalerie zeigt auch die vorherigen Trikotsponsoren der Stuttgarter. Foto: Baumann/Alexander Keppler

Der VfB Stuttgart muss befürchten, dass er zuerst seinen Trikotsponsor verliert. Doch auch andere Bereiche wären betroffen – und wie sieht es mit der Rolle des Unternehmens als Ankerinvestor aus?

Sport: Carlos Ubina (cu)

Es ist ein schöner Tag im Hohenlohekreis. Die Sonne scheint, und in Mulfingen begegnen einem im Ortsteil Hollenbach viele strahlende Gesichter. Denn für den Sportausrüster Jako ist der 10. März auch ein besonderer Tag. Das weitere Engagement beim VfB Stuttgart wird verkündet, und aus der Landeshauptstadt sind die hohen Herren des Fußball-Bundesligisten zur Präsentation in das firmeneigene Teamcenter an der Amtstraße gekommen.

 

Der Vorstandsboss Thomas Hitzlsperger, der Marketingchef Rouven Kasper und der Sportdirektor Sven Mislintat vertreten die VfB AG. Für das Familienunternehmen sitzen Nadine und Rudi Sprügel auf dem Podium. Tochter und Vater, Vorstandsvorsitzende und Firmengründer. Eine Verbindung voller Wertschätzung ist das zwischen den regionalen Partnern. Jako übernimmt 1,16 Prozent der Anteile und bezahlt dafür vier Millionen Euro.

Die Stellungnahme des Hauptsponsors

Ein überschaubarer Betrag, aber der VfB kann das Geld in Verbindung mit dem langfristigen Ausrüstervertrag (bis 2029) gut gebrauchen. Denn so wunderbar alles in Hollenbach erscheint, hundert Kilometer entfernt ziehen dunkle Wolken über dem Clubhaus mit dem roten Dach an der Mercedesstraße 109 in Bad Cannstatt auf. Der große Nachbar von gegenüber erwägt den Ausstieg in Etappen.

Die Mercedes-Benz Group AG (ehemals Daimler AG) will offenbar nicht mehr. Nach Informationen unserer Redaktion droht dem VfB zunächst, dass er seinen Trikotsponsor Mercedes-Benz Bank verliert. Noch ist aber nichts entschieden und es laufen Verhandlungen. Die Stellungnahme des Finanzdienstleisters auf Nachfrage lautet: „Die Mercedes-Benz Bank und den VfB Stuttgart verbindet eine langjährige und vertrauensvolle Partnerschaft. Mit all unseren Sponsoring-Partnern befinden wir uns im regelmäßigen Austausch zu unseren Engagements – so auch mit dem VfB.“

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Bis 2023 läuft der Vertrag, und aufseiten des VfB heißt es: „Der VfB Stuttgart pflegt eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit seinen Partnern. Wir befinden uns kontinuierlich im Austausch mit unserem Hauptsponsor, der Mercedes-Benz-Bank, sowohl zur aktuellen Partnerschaft als auch zur Verlängerung des Engagements über die Saison 2022/23 hinaus.“

Für die Stuttgarter geht es jedoch längst um mehr als offizielle Statements. Die Entscheidungen werden auf anderer Ebene vorbereitet, und es droht der finanzielle Kollaps. Der Ankerinvestor Mercedes (11,75 Prozent der Anteile) überdenkt einerseits seine Gesamtstrategie im Sportsponsoring. Dabei werden sämtliche Sparpotenziale diskutiert, wie der Ausstieg beim Tennisturnier auf dem Weissenhof belegt. Lokale oder globale Vermarktung lautet eine der Fragen.

Die Rolle von Präsident Claus Vogt

Andererseits hat der VfB seinen Fürsprecher in der Chefetage des Weltunternehmens verloren. Jahrelang setzte sich der Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth für seinen Herzensclub ein. Millionen flossen. Als Investor, als Sponsor, als Nachwuchsförderer, als Logenpartner, als Buslieferant. Gerne soll Porth die Summe von 100 Millionen Euro genannt haben, wenn es um Daimlers Finanzvolumen in den vergangenen zehn Jahren beim VfB ging.

Abgesehen von den 40 Millionen Euro, die Daimler 2017 nach der Ausgliederung der Profiabteilung in die VfB AG überwies, beläuft sich das Sponsoringpaket des Automobilherstellers aktuell auf jährlich etwa 16 Millionen Euro – das entspricht mehr als der Hälfte des gesamten Sponsorenaufkommens (31 Millionen Euro).

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Doch nun ist Porth nicht mehr da. Weder bei Daimler noch beim VfB. Der 63-Jährige legte sein Vorstandsmandat nach insgesamt 37 Jahren beim Autobauer nieder, und nach der Mitgliederversammlung des Vereins im vergangenen Juli trat er aus dem Aufsichtsrat der VfB AG zurück. Was viel mit seinem Verhältnis zu Claus Vogt zu tun hatte. Dem Präsidenten und seiner Amtsführung steht der selbst umstrittene Porth äußerst kritisch gegenüber. Im Falle einer Wiederwahl kündigte er seinen Ausstieg an – und Porth zog nach Vogts’ Triumph die Konsequenz.

Nach und nach könnte nun jedoch Wirklichkeit werden, was beim VfB schon lange befürchtet wird. Im Hause Mercedes wird keiner der auslaufenden Verträge mehr mit dem VfB verlängert. Was als Nächstes das Nachwuchsleistungszentrum treffen würde und anschließend das Bussponsoring. Selbst seine Rolle als Investor will das Unternehmen unter der Leitung von Vorstandschef Ola Källenius nicht mehr zwingend innehaben.

Ausstiegsszenarien werden auch hier geprüft. Entsprechende Verhandlungen hat es sogar schon gegeben. So soll Daimler bereit gewesen sein, seine Anteile vollständig zu verkaufen – mit einem Verlust von 15 Millionen Euro. Ein Finanzinvestor war bereit, das gesamte Aktienpaket von 24,9 Prozent zu erwerben, mit klaren Renditeabsichten. Hitzlsperger und Co. lehnten das Geschäft allerdings ab.

Im Vergleich dazu ist Jako nur eine kleine, aber durchaus feine Nummer. Planungssicherheit gibt sie dem VfB dennoch. Doch für große Sprünge reicht es nicht. Das wissen auch die Manager bei Mercedes. Sie halten dem Verein für Bewegungsspiele deshalb ein Bonbon für den Fall des Radikalausstiegs bereit: Die Namensrechte an der Mercedes-Benz-Arena könnten zurückgegeben werden. Die Marke mit dem Stern hatte dafür 2008 etwa 20 Millionen Euro netto bezahlt – für 30 Jahre. Ein Schnäppchenpreis.

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