Den Mönchen auf der Spur: Auf Skellig Michael vor Irland steht ein Kloster aus dem 5. Jahrhundert.

Eine abenteuerliche Gestalt begrüßt uns am Hafen: Mit Pudelmütze, Zahnlücken und stinkend wie ein Otter – es ist der Ire John Silver, der uns zusammen mit einer Gruppe junger Amerikanerinnen und einem deutschen Ehepaar auf seine Schaluppe dirigiert. Schnell ziehen wir Jacke und Hose aus gelbem Ölzeug über, dann sind wir schon auf dem Atlantik, auf dem Weg vom Hafenflecken Portmagee auf der westirischen Halbinsel Iveragh zur Felseninsel Skellig Michael. Sie ist zwölf Kilometer vom Festland entfernt und liegt an diesem Frühlingstag im Nebel.

 

Das Schiff durchkämmt die Wellenberge, und wir gehen mit jeder Bewegung mit, auch dann, wenn wir von einem Wellenberg in ein tiefes Tal hineinkrachen. Alle sind fasziniert – es ist wie auf einer Achterbahn. Nur ein Deutscher wird schwach und opfert Neptun sein Innerstes. Elegante Tordalken mit orange-gelb gefärbtem Hals begleiten uns. Als aus dem Dunst die Felsinsel Skellig Michaels auftaucht, ist der Wellenritt zu Ende.

Das Ölzeug, sagt John Silver, müssen wir anbehalten. Nun beginnt der Aufstieg. Zunächst auf einem gepflasterten Weg, dann ersteigen wir die von den Mönchen in den Fels gehauenen 1000 Treppenstufen, die steil nach oben führen. Unterwegs machen wir halt, um den halbzahmen Papageitauchern zuzusehen, wie sie vor ihren Erdhöhlen schnäbeln oder ihre Flugkunststücke üben. Allmählich beginnen wir unter dem Ölzeug zu kochen. Nach immer mehr Pausen erreichen wir schließlich den Eingang des alten Anachoreten-Klosters aus dem 5. Jahrhundert mit seinen Bienenkorbzellen. Unglaublich, dass Menschen unter so unwirtlichen Bedingungen hier hausen konnten. Abgeschnitten von der Welt, sich nur von Fisch und Seevögeln ernährend und von den ärmlichen Erzeugnissen der dem Fels abgetrotzten Gartenarbeit. Was für ein radikales und konsequentes Christentum wurde hier gelebt! Mich berührt der kleine Friedhof mit den verwitterten Steinkreuzen. Jeweils zwölf Mönche, gemäß der Jüngerzahl, haben bis etwa zum Jahr 1000 hier gelebt. Über den Eintritt ins Kloster schrieb der in Irland sehr bekannte Dichter Paddy Bushe ein Gedicht.

Der Nebel hat sich gelichtet. Die Aussicht entschädigt für alle Strapazen: Vor allem auf den Schwesterfelsen Little Skellig, dessen Schwärze von Myriaden weißer Punkte durchlöchert ist – die zweitgrößte Tölpelkolonie der Erde.

Nachdem wir uns abgetrocknet haben, geht es den steilen Treppenpfad wieder hinunter, auf dem Abstieg schwindelerregend. Am Helling begrüßt uns John Silver freundlich. Auf der Rückfahrt ist die See ruhiger. Wir drehen noch eine Touristenrunde um Little Skellig mit seiner eindrucksvollen Vogelkolonie. Der starke Deutsche wird wieder schwach. Ruhig landen wir in Portmagee. Der Hafen-Pub lädt ein, auf festem Boden das Ende dieser in jeder Hinsicht aufwühlenden Erfahrung zu feiern: von einer kargen Schatzinsel zurückgekehrt, deren Schätze dem "heiligen Irland" von einst zugehören.

Die Leserreise

Der Leser
Jörn Wilhelm lebt in Steinbach am Donnersberg, ist 66 Jahre alt und Pfarrer im Ruhestand.

Die Reise
Flug von Frankfurt-Hahn nach Kerry mit Ryanair, www.ryanair.com/de. Die Fahrt vom Flughafen mit dem Mietauto nach Portmagee dauert etwa eine Stunde. In Cahersiveen an der berühmten Touristenstraße Ring of Kerry gibt es viele Unterkunftsmöglichkeiten, www.cahersiveen.com/cahersiveen-bed-breakfast.html. Für den kleinen Geldbeutel: Im Hostel von Portmagee kostet ein Doppelzimmer mit Bad 38 Euro pro Tag.
Schiffsfahrten zu den Skelligs starten nur bei gutem Wetter. Die einfache Fahrt dauert eine Stunde. Verschiedene Anbieter direkt am Hafen (fester Tarif: 40 Euro). Festes Schuhwerk und Fernglas nicht vergessen.

Auskunft
Irland Information, Telefon 069/9231850, www.entdeckeirland.de