Der 32-jährige Architekt Jan-Caspar Look aus Stuttgart tritt am Samstag beim Ironman auf Hawaii an, der als härtester Wettkampf der Welt gilt.

Stuttgart - Drei Wochen Intensivtraining liegen hinter Jan-Caspar Look. Ganze zwei Ruhetage hat er sich gegönnt – und ganz nebenbei ging der Triathlet in der Vorbereitungszeit auf den Ironman auf Hawaii auch noch seiner Arbeit in einem Stuttgarter Architekturbüro nach. Tagtäglich morgens früh aufstehen, sich noch vor der Arbeit ins Schwimmbad quälen oder nach Feierabend ein 120-Kilometer-Ausdauertraining auf dem Fahrrad zurücklegen. Warum tut jemand sich das an?

 

Look, der für den MTV Stuttgart startet, kennt diese Frage. Die Entbehrungen für die Teilnahme am härtesten Rennen der Welt sind selbst manchen in seinem Umfeld suspekt. „Der Kontakt mit Freunden beschränkt sich eben momentan auf Facebook, meinen kompletten Urlaub opfere ich für die Vorbereitung und die Reise nach Hawaii“, sagt Look, der 2001 für sein Studium von Hannover nach Stuttgart zog.

Bei so viel Disziplin kommen im Freundeskreis auch noch andere Fragen auf: Warum isst er hochkalorienhaltiges Gel aus kleinen Plastikbeuteln, wo es doch so viel genussvollere Methoden zum Energietanken gibt? Und ist das Ganze für den Körper überhaupt noch vernünftig? „Sicher ist die Gesamtbelastung aus Training und täglicher Arbeit nicht mehr wirklich gesund, aber mir würde etwas fehlen. Der Job allein füllt mich nicht aus, und gesünder als ein Workaholic lebe ich allemal“, sagt Look.Was nicht heißt, dass ihm das Training immer Spaß macht. „Einen inneren Schweinehund besitze auch ich“, gibt der 32-Jährige zu, „mit der Zeit spult man das Programm aber ab wie einen Job.“ Antrieb ist dabei nicht allein der Gedanke an das Rennen und die emotionale Unterstützung durch Freunde, die sich das Rennen am Samstag von 18 Uhr bis früh morgens bei einer Privatparty im Internet anschauen werden – auch der Weg ist für Look das Ziel. „Das ist wie ein Puzzlespiel: etwas, was einem am Anfang noch unmöglich erscheint, rückt sukzessive immer näher.“

MTV-Sportler des Jahres 2011

Das Training ist auch eine Frage der Koordination und Organisation. Beim Aufstellen seiner Pläne bekam Look Unterstützung von dem Deutschen Duathlonmeister Jonathan Harre (ebenfalls MTV Stuttgart). Jetzt hofft er nur darauf, dass ihn am Wettkampftag keine Panne ereilt.

Genau dieses letzte bisschen Ungewissheit macht für den Architekten aber auch die Faszination des Triathlons aus: „Man setzt am Wettkampftag final die einzelnen Trainingselemente zusammen, hat nur Indizien für den Trainingsstand und muss dann abwarten, wie der Körper reagiert.“ Genug geschunden und trainiert hat Jan-Caspar Look auf alle Fälle – wie ein richtiger „Eisenmann“ sieht er aber nicht unbedingt aus. Mit seinen 63 Kilogramm, auf 1,70 Meter verteilt, ist er ein eher hagerer und filigraner Typ. „Das Wort Ironman passt da eigentlich nicht so gut, die Athletik hat sich in den letzten Jahren verändert.“ Während früher die Muskelmänner dominierten, gilt heute jedes Kilo als Last. Look tritt auf Hawaii ohne Zielsetzung an. Schon die Qualifikation für das schwerste Rennen seines Lebens war ein Erfolg. Er sicherte sich das Ticket im September 2011 beim Ironman in Wales, wo der ambitionierte Amateur in 9:59,29 Stunden auch Profis hinter sich ließ: Er belegte unter 1300 Startern den 27. Platz und Rang sechs in seiner Altersklasse M30. Dafür wurde er zum MTV-Sportler des Jahres 2011 gekürt.

Respekt vor der Hitze und der Strömung

„Das Ergebnis ist zufriedenstellend, wenn ich weiß, dass ich alles gegeben habe“, sagt Look. Die Top 200 reizen ihn aber. Seine Bestzeit für die 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,125 Kilometer Laufen liegt bei 9:21 Stunden. „Alles über zehn Stunden wäre schon eine Enttäuschung, aber unter den extremen Bedingungen auf Hawaii sind Bestzeiten selbst für Profis nicht machbar.“

Die 1500 Höhenmeter, die er mit dem Rad bewältigen muss, sind für ihn da noch das kleinste Übel: „Das konnte ich in Stuttgarts Umgebung ja ausgiebig trainieren.“ Am meisten Respekt hat er vor der Hitze und vor der Strömung beim Schwimmen im offenen Meer. „Der Ironman ist ein Kampf gegen die Elemente“, sagt Look.

Vor vier Tagen ist er nach Hawaii geflogen, seine Mutter begleitet ihn als Betreuerin. „Wenn ich am Samstag dann in der Form meines Lebens dort antrete, will ich einfach alle Eindrücke aufsaugen“, sagt der 32-Jährige. Ein großes Loch nach dem Tag, auf den er sich so intensiv vorbereitet hat, fürchtet er nicht: „Selbst nach dem härtesten aller Rennen warten neue Aufgaben – dann vielleicht außerhalb des Sports.“