Minderjährige Straftäter werden in Italien künftig härter angefasst. Die Ministerpräsidentin verschärft die Gangart gegen Jugendkriminalität.

Der neue Erlass der italienischen Rechtsregierung nennt sich Caivano-Dekret - benannt nach einer Kleinstadt einige Kilometer nördlich von Neapel. Der heruntergekommene, von der organisierten Kriminalität geplagte Vorort Caivano ist vorletzte Woche wegen der Vergewaltigung von zwei 10- und 12-jährigen Mädchen in die Schlagzeilen geraten, die von einer Gruppe Jugendlicher mehrfach missbraucht worden sind. Eine ähnliche Gruppenvergewaltigung durch Minderjährige hatte sich zuvor in Palermo ereignet. Und vor wenigen Tagen hat der Mord an einem jungen Musiker in Neapel die italienische Öffentlichkeit aufgewühlt: Der 24-Jährige ist durch einen 16-jährigen Täter auf offener Straße grundlos mit mehreren Schüssen getötet worden.

 

In diesem aufgeladenen Klima hat Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Donnerstagabend ein neues Gesetz vorgestellt, mit dem die Regierung diese „Eskalation der Jugendgewalt“ in den Griff bekommen will. Dies soll in erster Linie durch eine Verschärfung der Strafen erfolgen. Insbesondere sollen Jugendliche schneller und wegen weniger schweren Delikten ins Gefängnis gesteckt werden können. Bisher mussten 14-18-jährige Straftäter, um mit Freiheitsentzug bestraft werden zu können, Delikte begangen haben, auf denen mindestens 9 Jahre Gefängnis stehen. Diese Grenze wird auf 6 Jahre gesenkt. 14-Jährige können außerdem künftig auch bei geringfügigen Drogendelikten verhaftet werden, wenn sie in flagranti erwischt werden.

Die Mafia nütze die aktuelle Gesetzeslage aus

„Die Situation ist außer Kontrolle geraten, es musste etwas geschehen“, betonte die Regierungschefin. Denn die Jugendgewalt sei auch eine Folge davon, dass Minderjährige, die Straftaten begingen, kaum mit Konsequenzen hätten rechnen müssten. „Zum Beispiel konnte man einen Jugendlichen, der mit einer geladenen Pistole unterwegs war, nicht verhaften“, sagte die Chefin der postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia. Dies werde sich nun ändern. Die weitgehende Straflosigkeit der Jugendlichen sei auch von der Mafia ausgenützt worden, die die Minderjährigen immer mehr für ihre kriminellen Zwecke eingespannt habe.

Die Schraube anziehen will Meloni auch bei Schülern, die nicht zum Unterricht erscheinen. Bestraft werden sollen aber nicht die Kinder, sondern die Eltern: Diese riskieren nun Gefängnisstrafen von bis zu zwei Jahren, falls sie nicht dafür sorgen, dass ihre Kinder zum Unterricht erscheinen. Auch mit einem Entzug der elterlichen Gewalt müssen sie rechnen. „Bisher kamen die Eltern mit einer Buße von nur 30 Euro davon“ betonte Meloni. Die Schule biete eine Alternative zu Gewaltkriminalität, Drogen und Arbeitslosigkeit: „Aber man muss dafür sorgen, dass die Jungen die Schule auch besuchen.“

Jugendliche einzusperren löse das Problem nicht

Die Opposition kritisierte das Gesetz als einseitig auf Repression ausgerichtet. Die Gewalt entstehe nicht zufällig in den Peripherien, die vom Staat sich selber überlassen werden oder in den von der Mafia beherrschten Armutsvierteln. Der Staat müsse gerade in diesen Territorien präsent sein. Indem man die Jugendlichen einfach einsperre, löse man die Probleme nicht.