Mit den Banken kämpft auch Italiens Regierungschef Renzi ums Überleben. Er versucht, seine Bürger, die um ihr Erspartes fürchten, zu beruhigen. Immerhin steht Renzis politisches Überleben auf dem Spiel.

Rom - Die Botschaft der italienischen Regierung an ihre Bürger ist eindeutig: „Wir werden die Sparer schützen.“ Eine Einigung mit der EU stehe kurz bevor, sagt Premierminister Matteo Renzi selbstsicher im italienischen Fernsehen. Der Regierungschef tut gut daran, seine Bürger zu beruhigen. Immerhin steht sein politisches Überleben auf dem Spiel.

 

Und das Leben vieler Kleinsparer. Die Geschichten von verzweifelten Menschen, die vor den Filialen der Banca Popolare dell’Etruria demonstriert haben, sind vielen noch im Gedächtnis. Sie war eine der vier Regionalbanken, die im Dezember vergangenen Jahres von der Regierung abgewickelt wurden. Nach EU-Regeln. Die Entscheidung kostetet rund 10 000 Kleinanleger ihre Existenz, manchen, wie den Rentner Luigino D’Angelo aus Civitavecchia bei Rom sogar das Leben. Der 68-Jährige hatte 110 000 Euro auf Anraten der Bank in nachrangige Anleihen investiert. Nach der Bankenrettung nahm er sich das Leben.

Auch in der jetzigen Krise geht es um die Sparer. Die EU-Regeln besagen, dass vor einem finanziellen Einschreiten des Staates die Eigentümer und Gläubiger einer Bank an deren Rettungskosten beteiligt werden müssen (der so genannte Bail-in). Genau da liegt das Problem: Das würde genau diejenigen treffen, denen die Regierung in diesen Tagen lautstark Schutz garantiert: Rund 60 000 Kleinanleger wären betroffen.

Die Wirtschaft Italien erholt sich langsam

Betroffen davon, dass sich bei den italienischen Banken, darunter die großen Häuser Monte dei Paschi di Siena und Unicredit, die Kredite, die von den Kunden nicht mehr oder nur noch schlecht bedient werden können, auf 360 Milliarden Euro türmen. Was Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nicht als eine akute Krise bezeichnen möchte, klingt im aktuellen Länderbericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) schon etwas anders. Das Land erhole sich gerade erst langsam von der tiefen Rezession der vergangenen Jahre. Dank der Reformen, die angestoßen wurden.

Die Wirtschaft Italiens wächst wieder, gemessen am Bruttoinlandsprodukt werden für 2016 1,1 Prozent Wachstum erwartet. 2015 waren es 0,8. Die Arbeitslosenrate ist von 12,6 Prozent im Jahre 2014 auf aktuell 11,4 gesunken. Wobei die Jugendarbeitslosigkeit von rund 46 Prozent noch immer eines der größten Probleme des Landes ist. „Es ist zwingend notwendig, dass diese Anstrengungen vollständig ausgeführt und vertieft werden“, heißt es im IWF-Bericht. Ohne Renzi könnte das allerdings schwierig werden.

Der Regierungschef steht unter Druck: Bei den vergangenen Kommunalwahlen Ende Juni hat sein Partito Democratico viel an Boden verloren und die aktuellen Umfragen sehen die Fünf-Sterne-Bewegung um Beppe Grillo zum ersten Mal sogar vor den Demokraten Renzis. Momentan befindet sich Renzi auf Werbetour für seine Verfassungsreform, über die er die Italiener im Herbst abstimmen lassen will. Stimmt das Volk dagegen, würde er zurücktreten, hat er bereits verkündet.

Regeln und ihre Spielräume

Erneute Berichte über verzweifelte Rentner und deren Schicksale wären Renzis politisches Ende. Was das für das Land und die bedeuten würde, das gerade erst angefangen hat, sich dank Renzis Reformen aus dem Langzeittief zu befreiten? Es hätte sicher auch weitreichende Folgen für die EU. Dessen scheinen sich auch die Verantwortlichen bewusst zu sein. Man sei sich sicher, eine Lösung zu finden, heißt es aus Brüssel. Allerdings wird alles versucht, um die neuen EU-Regeln in Sachen Bankenrettung nicht gleich bei der ersten Krise ad Acta zu legen.

„Die Regeln beinhalten genügend Spielraum, um richtige Entscheidungen zu treffen“, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble in dieser Woche. Die Richtlinien sehen tatsächlich eine Ausnahme von der Regel des Bail-in vor: Renzi könnte die Banken mit staatlicher Hilfe dann unterstützen, wenn ansonsten die italienische Volkswirtschaft in Gefahr wäre. Es wird gemunkelt, man wolle den nächsten Stresstest, der am 29. Juli veröffentlicht werden soll, abwarten – unter den 53 europäischen Banken, die getestet wurden, sind auch fünf italienische. Er könnte Renzis Schlupfloch sein.