Der Schauspieler Joachim Król spricht im StZ-Interview über seine neue Rolle im Frankfurter "Tatort", mit der er sich identifizieren kann.  

Stuttgart - Er ist eine Art Qualitätssiegel für Kino- und Fernsehfilme: Joachim Król genießt bei Zuschauern und Kritik Popularität und Anerkennung. Im Frankfurter "Tatort" spielt er nun den Kommissar Frank Steier.

 

Herr Król, unterm Strich haben Sie vermutlich mehr Bösewichte als Kommissare verkörpert. Aber selbst Ihre Schurken sind sympathisch. Wie kommt das?

In dem Kinofilm "Lautlos" habe ich sogar einen Killer gespielt, und in den Kritiken stand: "Am Ende ist man froh, dass er davonkommt." Ich glaube, dass ich da in der Tat einen gewissen Bonus habe. Ich kann mich nicht dagegen wehren, und ich will es auch nicht.

Wirken Sie selbst als Mörder immer so sympathisch, weil sie einfach ein netter Mensch sind?

Das müssen Sie andere fragen, so was kann man ja nicht von sich selbst sagen. Aber ich bin gern unter Leuten, ich fühle mich am wohlsten, wenn ich kommunikativ sein kann. Ich kann sehr gut auf Menschen zugehen. Ich glaube, Teamfähigkeit ist sogar eine besondere Qualität von mir, ich kann mich schnell in vorhandene Strukturen integrieren, weil ich rasch spüre, wie eine Gruppe funktioniert.

Stimmen die Gerüchte über gewisse Schauspielerinnen, die angeblich ganz und gar nicht teamfähig sind?

Das ist eine Erfindung der Medien. Die haben ihnen das Etikett verpasst, weil man es so schön wiederkäuen kann. In Wirklichkeit sind das Kolleginnen, die nachhaken. Vielleicht sind sie auch ein bisschen nervös, doch für den Beruf kann das nur gut sein; nichts ist langweiliger als Routine.

Kommissar Frank Steier, den Sie im neuen "Tatort"-Team aus Frankfurt spielen, ist da ganz anders. Wie würden Sie ihn charakterisieren?

Steier ist ein alter Hase, ein bisschen desillusioniert, der mit seiner ganzen Haltung zum Ausdruck bringt: "Wo ihr hinwollt, da war ich schon. Wenn ihr wissen wollt, wie's da aussieht, dann fragt mich."

Ein Spiel aus Distanz und Annäherung

Seine Partnerin Conny Mey, gespielt von Nina Kunzendorf, ist der totale Kontrast. Wie funktioniert diese Konstellation?

Durch ein Spiel aus Distanz und Annäherung. Das ist uns auch ganz gut gelungen, weil Nina das so wunderbar spielt. Schon allein diese Übergriffigkeit! Ich mag das auch privat gar nicht, wenn mich jemand dauernd anpackt. Oder wenn mir jemand zu nahe kommt. Nina hatte das alles drauf, das fand ich klasse. Auch der Humor, der sich zwischen den beiden entwickelt, ist sehr schön.

Conny Mey dürfte auf Anhieb zum Paradiesvogel unter den TV-Kommissarinnen werden. Wer hatte die Idee, die Rolle so zu überspitzen?

Nina muss ja oft Frauen spielen, die ein bisschen verschattet sind. Es sind immer tolle Rollen, und sie macht das hervorragend, aber im "Tatort" wollte sie dieses Image nicht auch noch bedienen, deshalb hat sie das genaue Gegenteil entworfen. Als Conny Mey wollte sie bunt, laut und ein bisschen ordinär sein. Eine Frau mit Pfeffer im Arsch! Als sie mir bei der ersten Kostümprobe entgegengedonnert kam, bin ich beinahe umgefallen.

Wirkt Steier neben dieser Kollegin nicht fast autistisch?

Im Gegenteil. Auf diese Weise haben wir die Möglichkeit, ihn noch ein bisschen aus sich rauszuholen. Wir haben uns fest vorgenommen, die Polizeiarbeit wieder stärker in den Vordergrund zu rücken, und dann wird Steiers fachliche Kompetenz zum Tragen kommen. Außerdem macht es auch großen Spaß, den Sympathiebonus mal einem kleinen Stresstest auszusetzen.

Warum sind Sie nur noch selten im Kino zu sehen?

Wenn man altersmäßig ins Mittelfeld rutscht, lassen die Angebote spürbar nach. Ich wollte früher ausschließlich Kinofilme drehen und hin und wieder Theater spielen; das ist mir nur kurze Zeit gelungen.

Woran lag das?

Wir haben einfach keine Kino- und Schauspielkultur wie die Franzosen oder die Engländer. Ich glaube auch nicht, dass sich das noch mal ändern wird. Aber das ist nun mal so, ich habe keine Lust mehr, mich darüber zu beschweren.

Keine Kino- und Schauspielkultur

Wäre das nicht ohnehin Jammern auf höchstem Niveau?

Das stimmt. Meine Position in Deutschland, die positive Haltung der Kritik, die Zuneigung des Publikums - da gibt es wirklich nichts zu meckern. Sogar die Quoten stimmen! Obwohl das für einen Künstler ja eigentlich kein Kriterium sein darf. Und unter einem Dach wie "Tatort" hat man bei den Produktionsbedingungen ohnehin ein sehr hohes Niveau.

Gibt es trotzdem Projekte, auf die Sie hätten verzichten können?

Klar gibt es die. Wenn man dabei war, sieht man die Filme ja mit ganz anderen Augen als das Publikum. Das hat auch etwas mit professioneller Deformation zu tun.

Gab es Angebote, die Sie angenommen haben, weil der Schornstein rauchen musste?

Es kommt ja immer drauf an, wie groß das Haus sein soll, auf dem der Schornstein raucht. Wenn ich auf meine Filmografie schaue, sehe ich hier und da Lücken. Da war ich wohl zu wählerisch.

Schauspieler sprechen gern von "ihrem Publikum". Woher weiß man eigentlich, wie das tickt?

Vor einiger Zeit war ich mal in einem Kinofoyer. Im Schaukasten hingen Fotos aus "Zugvögel". Neben mir stand ein junges Pärchen, und die Frau sagte: "Das ist ein Film mit Król, dann ist mindestens das Drehbuch gut." Eine bemerkenswerte Analyse, die Frau war ja keine Filmkritikerin, sondern einfach eine Zuschauerin, die festgestellt hatte: der Król sucht sich seine Rollen sorgfältig aus.

Haben Sie sich zu erkennen gegeben?

Nein, aber später habe ich gemerkt, dass es mir an diesem Abend richtig gutging.

Kommissar in Venedig, Essen und Frankfurt

Biografie: Der Schauspieler Joachim Król (53) wurde im westfälischen Herne als Sohn eines Bergmanns mit polnischen Vorfahren geboren. Erst relativ spät wurde er fürs Kino entdeckt, gehörte dann aber mit Filmen wie "Wir können auch anders", "Der bewegte Mann", "Rossini" oder "Zugvögel" rasch zu den wichtigsten Stars des deutschen Kinos. Im Fernsehen kennt man ihn vor allem als Commissario Brunetti aus den Donna-Leon-Verfilmungen der ARD oder aus der ZDF-Reihe "Lutter". Die Figur des Essener Kommissars hat Król selbst entwickelt, aber zugunsten seiner Rolle im "Tatort" aufgegeben. Król ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in Köln und Berlin.

Premiere: Zum ersten Mal tritt das neue Frankfurter Ermittler-Duo am Sonntag, 8. Mai (ARD, 20.15 Uhr) in der Folge "Eine bessere Welt" auf.