In der MDR-Talkshow „Riverboat“ befragt Jörg Kachelmann seine Gäste in seiner bekannten Lausbubenart. Doch das geht manchmal arg ins Leere. Aber ein blauer Glücksengel bringt ihn dann doch noch durch den Abend.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Leipzig - Jörg Kachelmann hat sich einen blauen Glücksengel mitgebracht. „Der ist vom Kind gemacht“, sagt er und stellt das Figürchen auf den Tisch vor sich. Eigentlich kann jetzt nichts mehr schief gehen bei seiner lang ersehnten Rückkehr in eine ARD-Anstalt, zu seinem ehemaligen Haussender. Das Publikum im Leipziger MDR-Studio hat den neuen alten Bootsmann zuvor mit langem Beifall begrüßt. Es ist Freitagabend. 22 Uhr. Mit der „Riverboat“-Moderation ist Jörg Kachelmann zurück im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Aber so schnell löst sich die Spannung nicht. Kachelmann, mittlerweile sechzig Jahre alt, wirkt verletzlich. Aber er wäre nicht Kachelmann, würde er so tun, als sei nichts geschehen. Irgendwann gibt er zu, „blöd schwitzige“ Hände zu haben.

 

„Sie sind ein erhebliches Geschoss“

Vor zehn Jahren hat er die Freitagabendplauderei – schon damals zusammen mit Kim Fisher – zum letzten Mal moderiert. Was dann folgte, war eine Verhaftung, Untersuchungshaft, ein Vergewaltigungsprozess, der mit einem Freispruch endete – und ein jahrelanger Kampf um seine Reputation. Lange war Kachelmann eine Persona non grata. Vor ein paar Tagen aber hat er der Wochenzeitung „Die Zeit“ gesagt: „Ich kriege mein Leben zurück.“ Gemeint war sein Fernsehleben. Das ist also nicht irgendein Abend in seinem Leben.

Wie schwer es ist, sich das Leben als Moderator wieder anzueignen, zeigt sich dann. Die unerschrockene Lausbubenart, die ihn einst ausgezeichnet hat, zieht nicht mehr, wirkt bemüht. Forsch geht er den MDR-Moderator und Sänger Gunther Emmerlich an, wenn er sagt „Sie sind ja für Ihr Alter immer noch ein erhebliches Geschoss“, und den zugegeben recht dröge erzählenden Single im Seniorenalter fragt, was die Frau ausmachen müsse, wenn er sich noch einmal binden wolle. Der kontert: „Das ist Ihr Problem. Ich habe das Problem nicht.“ Und man fragt sich, warum Kachelmann so viele Pirouetten dreht und das Thema schier totreitet. Um zu zeigen, dass es für ihn keine Tabu-Themen gibt? Auch die Schauspielerin Adele Neuhauser, die die Wiener „Tatort“-Kommissarin Bibi Fellner verkörpert, fragt er sofort nach ihrem Leben ohne Partner. „Ich denke nicht darüber nach“, sagt Neuhauser freundlich. Kachelmanns Exit-Satz aus dem Thema: „Männer können ja auch nerven.“ Danach wird das Gespräch dann richtig interessant.

Nah 133 Minuten will Frieda gehen

Die Gästemischung bietet von allem etwas, wie in den freitäglichen Talkrunden üblich. Die Gäste stehen vor Tourneen oder sind demnächst im Fernsehen zu sehen. Neben Emmerlich sitzt da noch die Schauspielerin Stefanie Stappenbeck („Ein starkes Team“) und gesteht einen Jahr Führerscheinentzug wegen Alkohols. Der Tierfilmer Andreas Kieling bricht eine Lanze für den Wolf. Der Komiker Rüdiger Hoffmann macht seinem Publikum im Osten eine Liebeserklärung. Der Trüffelsucher Gunter Kahlo, der seine italienische Trüffelhundedame Frieda mitgebracht hat, erzählt logischerweise von Trüffeln und der wohltuenden Wirkung des Waldes. Und der Sänger Helmut Lotti berichtet von den positiven Aspekten seines Autismus, bevor er „Wonderful World“ von Sam Cooke singt.

Nach 133 Minuten will Frieda, die Trüffelhündin, endlich gehen. Kachelmann und Fisher, die der Sendung souverän Leichtigkeit gibt, haben „Riverboat“ havariefrei wieder in den Hafen gebracht. „Halten Sie dem Powersender MDR die Treue“, sagt Kachelmann noch. „Es würde uns sehr freuen.“ Und wenn er jetzt fragen würde: „Wie war ich?“, würden man antworten: „Och“ – und versuchen, das Thema zu wechseln.