Haben die Schläge Ihrer Kindheit bleibende Schäden bei Ihnen hinterlassen?
Jeder ist in schlechter und guter Weise von seiner Kindheit beeinflusst. Die Frage ist: Überwiegen die Vorteile oder nicht? Ich war – und da kann ich keine Schuldigen finden – von Anfang an sehr ein einzelner Mensch. Unser Einzelhof hat diese natürliche Eigenschaft noch verstärkt. Die ersten Gleichaltrigen traf ich täglich, als ich sechs war. Das war die Hölle, bis ich dreizehn war. Aber da hat niemand Schuld, glaube ich. Und die Internatssituation hatte auch unglaubliche Vorteile.
Sie haben als womöglich einziger Kabarettist im deutschsprachigen Raum den Mut aufgebracht, Papst Franziskus und dessen Politik zu loben . . .
. . . und jetzt, weil wir über Schläge gesprochen haben, glauben Sie, das war verfrüht . . .?
. . . Nein, aber . . .
. . . ja, er hat gesagt, wenn man Kinder mag, dann . . . Wenn das ein normaler Argentinier in dem Alter im Dorfcafé sagen würde, würde man sagen: „Naja, mein Gott.“ Oder wenn’s bei mir zu Hause ein Mann im selben Alter sagen würde, würde man denken: „Ja ja – ist halt ein alter Mann.“ Das Unglück ist, dass alten Männern zugemutet wird, Päpste zu sein.
Jedenfalls spart der Papst nicht mit Kapitalismuskritik, und in Ihrem neuen Film fällt der Satz „Das System des Kapitalismus ist am Ende.“ Sagt das im Film nur eine Kunstfigur, oder sagen das auch Sie selbst?
Wenn ein Wirtschaftssystem wie der momentane Kapitalismus nicht mehr sicherstellen kann, dass man von vierzig Wochenstunden Arbeit leben kann, dann ist der Kapitalismus für mich eine Art Leitung, die verstopft ist und nicht funktioniert. Denn es herrscht ja wohl Einigkeit darüber, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist – und nicht die Menschen für die Wirtschaft. Das Problem ist, dass es die Neoliberalen irgendwie geschafft haben, ihre gegenteilige Haltung als gesunden Menschenverstand und als angeblich unideologisch zu etablieren. Dabei ist sie unglaublich ideologisch. Ich bin sehr gespannt, wie viel noch passieren muss, bis man das Märchen vom schlanken Staat, in dem die Wirtschaft blüht, als verbohrte Ideologie entlarvt.
Seit den terroristischen Anschlägen von Paris geben sich einige Satiriker und auch Journalisten als Helden von Berufs wegen aus. Fühlen Sie sich auch als Held?
Ich fühle mich nicht als Held. Ich versuche immer zu sagen, dass die Meinungsfreiheit etwas sehr Wichtiges ist, dass wir keinen Zentimeter zurückweichen dürfen, aber dass wir auch nicht in Hysterie verfallen sollten. Ich habe keine Angst vor dem Islam, weil ich komme vom Bauernhof, und dass Frauen Kopftücher tragen und dass Männer mehr dürfen als Frauen, ist mir so geläufig, dass ich keine Angst davor habe.
Hat der reich mit Talenten gesegnete Künstler Josef Hader eigentlich die Pflicht, diese Welt zu verbessern?
Jeder Mensch hat natürlich diese Pflicht. Jeder Installateur und jeder Bäcker.