In diesem Jahr feiert die Synagoge in Esslingen ihr 200-jähriges Bestehen. Dazu gibt es eine Veranstaltungsreihe, welche die Geschichte des Judentums in der Stadt widerspiegelt und ein Zeichen gegen frisch aufkeimenden Antisemitismus setzt

Esslingen - Man schrieb das Jahr 1819, als die jüdische Gemeinde Esslingen ein zweistöckiges mittelalterliches Gebäude Im Heppächer kaufte. Im Herbst desselben Jahres war der Umbau des früheren Zunfthauses der Schneider zu einem jüdischen Gemeindezentrum mit Betsaal, Unterrichtsraum und Wohnung für den Lehrer und Vorbeter abgeschlossen.

 

Es gibt Vorträge, Konzerte, Theater und Filmvorführungen

Die Fertigstellung der Synagoge vor 200 Jahren feiert die jüdische Gemeinde jetzt mit einem reichhaltigen Veranstaltungsprogramm. Sie tut dies nicht alleine, sondern gemeinsam und mit tatkräftiger Unterstützung einer ganzen Reihe von Esslinger Institutionen. Allen voran der Unterstützerkreis jüdische Kultur in Esslingen, sind beispielsweise die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, der Verein Freunde jüdischer Kultur, der Christliche Verein junger Menschen (CVJM) und das Kommunale Kino Esslingen (Koki) mit im Boot. Das breite Spektrum der Angebote reicht von Vorträgen, über Filmvorführungen, Lesungen, Konzerte bis hin zu Theateraufführungen.

Gefördert wird die Jubiläumsreihe von der Kreissparkasse mit 5000 Euro. „Das Judentum und die Synagoge sind bis heute ein wichtiger und lebendiger Bestandteil der Esslinger Geschichte“, sagt der Verwaltungsratsvorsitzende und Esslinger Landrat Heinz Eininger. Es gehe auch darum, vor dem Hintergrund der schrecklichen Ereignisse der Reichspogramnacht 1938 und des jüngst in Deutschland wieder aufkeimenden Antisemitismus’ ein Zeichen zu setzen. „Gerade in Zeiten wiederaufkommender Ressentiments gegenüber anderen Religionen als dem Christentum erinnern wir an solche Fälle wie die Reichspogromnacht und die Wichtigkeit von Religionsfreiheit und Toleranz“, so Eininger.

Bei den Pogromen 1938 wird die Synagoge geschändet

Die Esslinger Synagoge war nach den Novemberpogromen 1938 sehr stark zerstört worden. Einrichtungsgegenstände, Bücher, Dokumente und Kultgegenstände fielen diesem Akt der Barbarei zum Opfer. Daran beteiligt waren zahlreiche Männer, die zuvor an einer Kundgebung der NSDAP auf dem Esslinger Marktplatz teilgenommen hatten, die sich „gegen die Juden“ richtete. 1941 nahm die Hitlerjugend das Gebäude in Beschlag. Nach verschiedenen Zwischennutzungen – unter anderem als Jugendhaus und Galerie – wurde die Synagoge vor sieben Jahren wiedereröffnet. Damit einher ging die Neugründung der jüdischen Gemeinde unter dem Dach der Stuttgarter Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW).

Knapp 300 Menschen jüdischen Glaubens leben in Esslingen

Heute leben knapp 300 Menschen jüdischen Glaubens in Esslingen. „In Esslingen erleben wir eine aktive und lebendige jüdische Gemeinschaft. Dies ist der offenen Zusammenarbeit aller Beteiligten zu verdanken und nicht zuletzt der Unterstützung, die wir durch Politik und Wirtschaft erfahren. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagte die Vorstandsvorsitzende der IRGW, Barbara Traub, jetzt bei der Scheckübergabe der Kreissparkasse.

Der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger spricht von „starken Bekenntnissen zu jüdischem Leben in unserer Mitte“. Dazu zähle beispielsweise die Spendensammelaktion für eine Esslinger Torarolle, für die sich Bürger der Stadt in den vergangenen Jahren eingesetzt haben. Seit 2017 wird zudem das Chanukka-Fest öffentlich gefeiert – auch dies ein Zeichen, das laut dem Oberbürgermeister „in diesen Zeiten besonders wichtig“ sei.

Das Kulutrprogramm ist reichhaltig und bunt

Vorträge
Mit einem Vortrag von Gudrun Emberger über Jud Süß Oppenheimer im Theodor-Rothschild-Haus wird am 10. Februar das Festprogramm zur 200-Jahr-Feier der Esslinger Synagoge eingeläutet. Es folgt ein Antisemitismus-Vortrag von Martin Ulmer am 17. März und am 14. April einer über das Schicksal der Synagogen-Gebäude und der jüdischen Friedhöfe in der NS-Zeit. Den Vortrag hält Joachim Hahn, die Einführung gibt der Esslinger Stadtarchivar Joachim J. Halbekann.

Filme
Gleich drei Filme zeigt das Kommunale Kino Esslingen: die Spielfilme „Menashe“ (3. März), „Ein Tag wie kein anderer“ (31. März) und den Dokumentarfilm „Back to the Fatherland“ (17. März).

Theater
„Der kleine Prinz“ wird als Theaterstück am 23. Mai in der Synagoge aufgeführt. Und die Württembergische Landesbühne zeigt das Stück „Anne Frank“. Im Anschluss daran ist ein Nachgespräch vorgesehen. Ein Termin steht jedoch noch nicht fest.

Konzerte
„Adon olom – Herr der Welt“ ist ein Konzertabend mit jüdischer und christlicher Musik am 17. Februar im Münster St. Paul überschrieben. Eine Lesung mit musikalischer Begleitung mit Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger gibt es am 24. Februar. Die zentrale Festveranstaltung zum Jubiläumsjahr mit dem Chor Die Taktlosen findet am 2. Juni in der Synagoge statt.