Was ist Ihnen von diesem besonderen Erfolg im Olympiastadion noch in Erinnerung geblieben?
Ich weiß, dass es arschkalt war. Vielleicht minus 17 Grad oder so. Es war auf jeden Fall ein geiler Einstand für mich.

Es ging dann ja auch gut weiter.

Oh ja, die starke Rückrunde hat gezeigt, dass die Mannschaft eine richtig gute Truppe war. Die konnten alle kicken.

 

Dabei kamen sie in einer schwierigen Situation zum VfB – nach dem Rücktritt von Christoph Daum.
Ach, das war gar nicht so kompliziert. Denn ich hatte meinen eigenen Kopf. Das Einzige, bei dem mich der Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder am Anfang belächelte, war das viele Techniktraining, das ich verordnet hatte. Er sagte dazu immer, das sei ja „Jugend-Training“. Für mich war das aber eine wichtige Grundlage. Ich habe dann immer entgegnet: „Boris Becker übt ja auch nicht nur neue Schläge.“ Nur so wird man besser. Auch die Viererkette habe ich ja nicht eingeführt, um einfach nur etwas Neues auszuprobieren. Harakiri habe ich nie gemacht. Und davon haben viele profitiert, besonders eben Carlos Dunga.

Wie haben Sie ihn gefördert?
Ich habe ihn immer wieder dazu gezwungen, mehr zu laufen. Wenn Dieter Hoeneß beim Training vorbeigeschaut hat, habe ich ihm immer gesagt: Carlos muss mehr rennen, sonst spielt er nicht. Egal, wie viele Millionen er gekostet hat. Er ist dann ja auch topfit zur WM 94 gefahren, und als Kapitän des Weltmeisters zurückgekommen. Carlos hat mir dann immer gesagt: „Das habe ich auch Ihnen zu verdanken.“ Ich habe also den Deutsch-Brasilianer aus ihm gemacht. Wir hatten noch lange danach Kontakt und immer wenn wir telefonierten, sagte er mir: „Ich bin fit.“ Das war schon eine tolle Zeit damals beim VfB.

Wenn der VfB am Sonntag gegen die Bayern verliert, stünde er nach zwei Spieltagen mit null Punkten da. Wäre das dann schon ein Fehlstart?

Es gibt immer Leute, die bei null Punkten verrücktspielen. Aber das wäre doch kein Fehlstart. Es ist halt ein schwerer Auftakt, und die Saison ist noch frisch. Der VfB hat ein gutes Team, da muss man keine Panik bekommen.


Wie schätzen Sie den VfB generell in dieser Saison ein?
Die Mannschaft hat ein Toppotenzial und wird sicher wieder in den oberen Plätzen landen. Auch der Europapokal wird das Team nicht belasten. Im Gegenteil. Und mit Ibisevic haben sie genau den Stürmer, den der VfB gebraucht hat. Ein Schlitzohr, das viele Tore schießt.

Reizt Sie der Trainerjob eigentlich noch?
Nein, davon habe ich mich zurückgezogen. Ich war so lange dabei, und das immer mit vollem Einsatz. Das hinterlässt Spuren. Ich hätte Angebote gehabt, aber ich lebe lieber mein Leben und tue Dinge, die ich immer tun wollte, aber keine Zeit dafür hatte. Seit einem halben Jahr nehme ich jetzt Klavierunterricht. Die Musik ist meine Leidenschaft – und meiner Frau gefällt es sogar. Außerdem gehe ich gleich mit ihr zu einer Ausstellung hier im Berliner Pergamon-Museum.

Dann vermissen Sie den Fußball gar nicht?
Naja, ich könnte mir schon noch vorstellen, bei einem Verein als Berater des Managers oder des Trainers zu arbeiten – im Ausland, wo der Druck nicht so hoch ist. Vielleicht gehe ich noch mal nach Ankara, dort war ich ja 2009 schon einmal. In vorderster Front möchte ich jedenfalls nicht mehr agieren. Ich möchte nicht mehr nur nach Sieg oder Niederlage beurteilt werden: wenn man verloren hatte, war man ein schlechter Mensch. Und wenn man gewonnen hatte, ein guter.