Kultur: Ulla Hanselmann (uh)
Mit Ihrer Strategie, Drittplattformen zu füttern, haben Sie sich heftige Kritik seitens der Privatsender und Verleger eingehandelt. Diese wollen sich dagegen wehren, dass die sonst für die Online-Angebote der Öffentlich-Rechtlichen geltenden Regelungen wie die Sieben-Tage-Frist in den Mediatheken, Drei-Stufen-Test und Sendungsbezug außer Kraft gesetzt werden, weil sie darin eine Wettbewerbsverzerrung erkennen.
So ernst wir diese Kritik nehmen: Die Nutzung der Drittplattformen wie Youtube und Facebook ist alternativlos, sonst ist das Ganze zum Scheitern verurteilt. Auch laut neuem Staatsvertrag dürfen wir keine presseähnlichen Angebote machen; da wurde explizit auf die Belange der Verleger Rücksicht genommen. Unser Hauptbetätigungsfeld ist das audiovisuelle Bewegtbild. Die privaten Rundfunkanbieter wiederum haben sich in der Webvideowelt sehr gut aufgestellt, sie dominieren sie. Gleichwohl sind sie daran interessiert, dass neue Player dazukommen, um die Vielfalt und Qualität zu erhöhen. Mit beiden Interessensgruppen sind wir regelmäßig im Gespräch.
Es ist aber doch fragwürdig, dass private Internetanbieter wie etwa die Google-Tochter Youtube mit Formaten bestückt werden, die mit dem Rundfunkbeitrag, den jeder Haushalt zu zahlen hat, finanziert wurden.
Noch viel fragwürdiger wäre es, die nächste öffentlich-rechtliche Mediathek aufzubauen und darüber zu schreiben: Wir sind die Jungen. Denn die würde keiner dieser jungen Menschen nutzen. Gleichwohl werden wir gegenüber diesen privaten Plattformen kritisch sein und auch niemanden dorthin zwingen, weil wir ja unseren eigenen Auftritt haben.
Eine Ihrer ersten Amtshandlungen war, sich mit prominenten Vertretern der Youtube-Szene zu treffen, wie etwa LeFloid, der auf seinem Kanal unter anderem politische Themen „für Desinteressierte“ aufbereitet. Wie haben die jungen Medienmacher reagiert?
Ich war überrascht, wie positiv die Reaktionen ausgefallen sind. Das hat nicht nur mit dem ordentlichen Betrag an Geld zu tun, mit dem wir an den Start gehen, sondern auch damit, dass wir den Webvideomachern ermöglichen können, sich weiterzuentwickeln. Viele sind festgefahren, und sie haben sofort erkannt, dass sich das mit uns ändern könnte. Im Übrigen gibt es auch Leute unter ihnen, die vom öffentlich-rechtlichen Gedanken durchaus angetan sind. Ich bin mir sicher: wenn wir mit bekannten Gesichtern neue Inhalte produzieren oder ganz neue interessante Köpfe finden, können wir Erfolg haben.
Als „Kern-Genres“ haben Sie Musik/Jugendkultur, Wissen, hintergründige Information, Comedy/Satire und Fiktion, also Filme und Serien, definiert. Was planen Sie im Bereich Wissen?
Die Sparte Wissen und Bildung ist in Deutschland im Webvideobereich noch unter dem Radar, das soll mit uns anders werden. Das wird sicher nicht in Richtung Bildungsfernsehen à la Telekolleg gehen. Wichtig sind uns auch stärker journalistisch ausgerichtete Formate und das Thema Investigation. ARD und ZDF haben ein großes Netz junger Journalisten, die – aus Sicht der Zielgruppe, also in Youtube-Videos oder Facebook-Posts – über relevante gesellschaftliche Themen berichten können. Dabei haben sie den Rechercheapparat der Öffentlich-Rechtlichen im Rücken, das heißt, sie können viel fundierter arbeiten als ein Youtuber. Ein weiterer Trumpf ist unsere Unabhängigkeit, das wird vor allem bei den Älteren in der Zielgruppe auf Interesse stoßen.
Welche Rolle spielen Filme und Serien, die bei den Jungen sehr beliebt sind?
Extrem spannend ist für uns die Sparte Webserie und Websitcom, da sehe ich in Deutschland ein riesiges Betätigungsfeld, damit können wir unser Image formen.
In welchem Entwicklungsstadium sind Sie?
Wir stehen noch ganz am Anfang: Büroplanung, Aufbau von Strukturen und Workflow, inhaltliche Konzepte, Personal – bei allem fangen wir quasi bei Null an. Das fühlt sich an wie Start-Up, aber eben im Riesensystem von ARD und ZDF.
Einen Namen für das junge Angebot gibt es demnach noch nicht – und wenn ja, würden Sie ihn mir nicht verraten, stimmt‘s?
Stimmt.