Jugendfarm Waiblingen Ein neues Zuhause für Waldschaf Udo
Nach jahrelanger Vorarbeit ist es nun soweit: Auf der Jugendfarm Waiblingen sind tierische Bewohner eingezogen. Fast alle haben eine interessante Biografie.
Nach jahrelanger Vorarbeit ist es nun soweit: Auf der Jugendfarm Waiblingen sind tierische Bewohner eingezogen. Fast alle haben eine interessante Biografie.
Waiblingen - Wie Hilde damals in die Schorndorfer Fußgängerzone gekommen ist, das weiß wohl nur sie selbst. Inzwischen hat die weiße Kaninchendame der Rasse Belgischer Riese ein weitaus gemütlicheres Quartier gefunden: Sie lebt jetzt zusammen mit neun Artgenossen auf der Jugendfarm Waiblingen auf dem Finkenberg beim Wohngebiet Korber Höhe.
Der Hügel mit rund acht Hektar Fläche liegt an der B 14 und wurde in den 1990er Jahren einige Zeit als Erddeponie genutzt. Dann wurde er als Standort für die Jugendfarm auserkoren, für die schon vor 15 Jahren erste Pläne geschmiedet wurden. Aber erst seit wenigen Wochen hat der Finkenberg tierische Bewohner, und die Eselsgeduld der Vereinsmitglieder hat sich ausgezahlt. „Die Basis ist gelegt“, sagt Peter Beck zufrieden. Er ist im Jugendfarm-Verein für die Bereiche strategische Planung, Öffentlichkeitsarbeit und Gebäude zuständig.
Neben der wilden Hilde und ihren Kaninchenkollegen wohnen auf der Jugendfarm seit kurzem auch 20 Hühner und neun Schafe. „Die Schafe sind alles Waisenkinder“, erzählt Marion Zolldann. Sie ist für das Wohl aller Tiere auf der Jugendfarm zuständig. Die Schafe – allen voran der unerschrockene Udo, der zur Rasse Waldschaf gehört, aber durchaus Eigenschaften eines treuen Haushundes vorweist – hat Marion Zolldann im Laufe der Jahre mit der Flasche aufgezogen. So ist die kleine Herde, die seit Ende des Jahres den Finkenberg beweidet, zutraulich, menschenbezogen und eine ideale Truppe für die Jugendfarm Waiblingen.
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Auch die zehn braunen und zehn weißen Hühner auf der Jugendfarm haben eine besondere Lebensgeschichte: Sie sind allesamt ehemalige Legehennen aus Bodenhaltung, die wegen nachlassender Leistung ausgemustert wurden. Normalerweise hätte ihnen der Schlachthof gedroht, doch durch Vermittlung des Vereins „Rettet das Huhn“ ist ihnen der Tod erspart geblieben. Stattdessen dürfen sie nun ein unbeschwertes und artgerechtes Dasein auf der Jugendfarm führen.
„Sie hatten am Anfang große Angst vor Menschen, denn sie hatten bisher nie welche gesehen“, berichtet Marion Zolldann. Das Füttern, Tränken und der Abtransport der Eier – alles sei in der Legehaltung automatisch abgelaufen. Ebenso wenig kannten die Hennen Gras oder Erdreich, sie lebten auf Filzboden und ohne einen Sonnenstrahl. Die zwischen den Krallen sitzenden Filzreste hat Marion Zolldann inzwischen entfernt. Auf den kahlen Stellen am Körper der Tiere wachsen die Federn langsam nach, das Scharren in der Erde haben die Tiere gelernt – und das Eierlegen nicht verlernt: „Wir sammeln jeden Tag um die 15 Eier ein“, sagt Marion Zolldann. Noch bewegen sich die Hühner in einem eingezäunten Freilauf. „Sie erholen sich langsam. Das Ziel ist, dass sie irgendwann überall rumlaufen können.“ Bei Einbruch der Dunkelheit spazieren die Hennen in den Stall, 20 Minuten später schließt sich die Klappe bis zum nächsten Morgen.
Neben Kaninchen- und Hühnerstall steht auf dem Gelände mittlerweile auch ein Holzhaus, das als Futterkammer und Küche genutzt wird. „Das Hauptproblem ist, dass wir noch keine angemessenen Toiletten haben“, bedauert Peter Beck. Derzeit gibt es nur eine in einem Container, die zudem nicht barrierefrei ist. Deshalb hoffen die Vereinsmitglieder, dass der geplante Bau eines Farmhauses bald Realität wird. Dann wären sowohl sanitäre Anlagen als auch ein Aufenthaltsraum vorhanden.
Das Farmhaus soll wie die anderen Gebäude in Holzbauweise ausgeführt werden, zwei Stockwerke und eine Fläche von rund 100 Quadratmetern haben. „Es gibt da aber noch viele Unwägbarkeiten“, sagt Peter Beck über das mit rund einer halben Million Euro veranschlagte Projekt, das nicht allein Kinder und Jugendlichen als Anlaufstelle und Lern- und Erlebnisort dienen soll. „Die Idee ist, hier die Generationen zusammenzubringen“, sagt Peter Beck. E hat in Marion Zolldann eine Mitstreiterin. Sie sagt: „Ich würde hier auf der Jugendfarm auch gerne ein Seniorencafé anbieten.“