Jugendfeuerwehr Sindelfingen Was zieht Mädchen zur Feuerwehr?

Gemma Heininger (links) und Anna Widmann sind die einzigen Mädchen bei der Jugendfeuerwehr Sindelfingen. Foto: Stefanie Schlecht

Immer mehr Mädchen entdecken ihre Vorliebe für die Feuerwehr. Das belegen aktuelle Zahlen. So auch Gemma Heininger (15) und Anna Widmann (12). Die beiden erzählen, wie sie zu dem Hobby gekommen sind und was sie am meisten fasziniert.

Sie können kräftig mitanpacken, und ein bisschen Ruß auf der Wange stört sie nicht: Gemma Heininger und Anna Widmann fühlen sich wohl bei der Jugendfeuerwehr. Doch obwohl die Zahlen in Deutschland stetig nach oben gehen, was weibliche Mitglieder bei der freiwilligen Feuerwehr betrifft, sind sie in Sindelfingen die einzigen Mädchen. Lag der Anteil der Mädchen an den Jugendfeuerwehren im Land vor zehn Jahren noch bei 14,6 Prozent, war 2022 bereits fast jedes vierte Mitglied der Jugendfeuerwehren weiblich, nämlich 23,2 Prozent. Dass sie die einzigen Mädchen in der Jugendfeuerwehr sind, stört die beiden jedoch nicht. Gekonnt holt Gemma einen Schlauch aus dem großen Feuerwehrfahrzeug und gibt ihn Anna. Teamarbeit ist das A und O bei der Feuerwehr. Das wissen auch schon die Jüngsten.

 

Knapp 600 Jugendliche engagieren sich im Kreis bei der Jugendfeuerwehr

„Ich engagiere mich seit zwei Jahren bei der Jugendfeuerwehr Sindelfingen. Mein Vater, mein Onkel und meine Cousinen sind alle auch bei der Freiwilligen Feuerwehr in Maichingen, so bin ich dazugekommen“, erzählt die zwölfjährige Anna Widmann. „Wir üben in der Gruppe Knoten, Fahrzeugkunde, wie man eine Leiter richtig aufstellt oder wie man mit Funkgeräten umgeht. Am besten gefällt mir aber der Löschangriff.“ Ein Löschangriff, für die weniger Versierten, ist in diesem Fall die Simulation eines Einsatzes, bei dem die Feuerwehr versucht, schnellstmöglich ein Feuer zu löschen.

Die Jugendfeuerwehr sei ein wichtiges Element, um den Nachwuchs für die freiwillige Feuerwehr zu sichern, sagt Tobias Kaufmann, der Jugendwart der Feuerwehr Sindelfingen. „Denn der Großteil der Jugendlichen wechselt im Anschluss in die Einsatzabteilung“, so Kaufmann. Es gelte daher, die Jugendlichen bis dahin zu halten.

Spaß und Kameradschaft dürfen nicht zu kurz kommen

Im Landkreis Böblingen gibt es insgesamt 24 Jugendfeuerwehren mit knapp 600 Jugendlichen, davon 66 Mädchen. In Sindelfingen sind es 51 Jugendliche und zwei Mädchen: Anna Widmann und Gemma Heininger. „Ich bin durch einen Freund auf die Jugendfeuerwehr aufmerksam geworden“, sagt die 15-jährige Gemma Heininger. Seit einem Jahr ist sie nun selbst dabei und sehr zufrieden. Man lerne viel Interessantes wie diverse Knoten, wie man eine Leiter stellt oder eben einen Löschangriff vorbereitet. Zeit für ein weiteres Hobby bleibe ihr aktuell wegen der Schule nicht. „Ich möchte es bei der Jugendfeuerwehr auf jeden Fall bis zur Einsatzabteilung durchziehen. Man hat zwar schon Respekt vor dem ersten Einsatz, aber ich freue mich auch drauf“, erklärt Gemma.

In den Jugendfeuerwehren lernen junge Menschen von klein auf, was Gemeinsinn bedeutet. Denn auch wenn Jungen vielleicht in der Regel körperlich stärker sind, punkten Mädchen oft mit ihren feinmotorischen Fähigkeiten, etwa beim Kuppeln von Schläuchen oder beim Binden von Feuerwehrknoten. „Die Mädels können gut mithalten und sich durchsetzen“, sagt Kaufmann. Neben den ganzen Übungen und Vorbereitungen auf den ersten Einsatz dürfen der Spaß und die Kameradschaft aber auch nicht zu kurz kommen, betonen die Verantwortlichen.

Feuerwehr hat bislang keine Nachwuchssorgen

Durchzusetzen weiß sich auch Celine Knöfel. Die 22-Jährige ist seit zehn Jahren – mit einer kurzen Unterbrechung – bei der freiwilligen Feuerwehr aktiv, mittlerweile bildet sie den Feuerwehrnachwuchs als Jugendleiterin aus. „Man hat natürlich viel mit Männern zu tun“, erklärt die junge Frau und lächelt. Aber sie werde von allen akzeptiert und habe den Eindruck, manche Kameraden seien sogar froh, wenn eine Frau im Team sei. Das bestätigt auch Kaufmann: „Frauen tun der Gruppe gut. Sie wird dadurch stärker.“

Obwohl der Jugendwart aktuell zufrieden ist mit der Mitgliederanzahl in der Jugendfeuerwehr – während der Coronapandemie seien sie noch mit einem blauen Auge davongekommen –, so dürfe der Anteil von Mädchen und Frauen unter den Mitgliedern ruhig noch steigen. Akquise müsste die Feuerwehr für ihren Nachwuchs bislang nicht machen, die meisten Jugendlichen kämen über Mundpropaganda oder hätten Verwandte oder Bekannte bei der Feuerwehr, sagt Tobias Kaufmann. „Wir freuen uns über jedes neue Mitglied“, erklärt der Jugendwart und fügt hinzu: „Sehr gerne gesehen sind natürlich Mädchen.“

Der Feuerwehr über die Schultern geschaut

Sindelfingen
Mit über 200 Mitgliedern in den drei Einsatzabteilungen Sindelfingen, Maichingen und Darmsheim und der hauptamtlichen Abteilung ist die Feuerwehr der Stadt Sindelfingen rund um die Uhr für die Einwohner zur Stelle.

Kreis Böblingen
Mehr als 2700 Feuerwehrangehörige der Einsatzabteilungen leisten in den 26 Gemeindefeuerwehren und in drei Werkfeuerwehren im Landkreis ihren Feuerwehrdienst. Dies geschieht fast ausschließlich im Ehrenamt. In den 24 Jugendfeuerwehren des Landkreises wird der Nachwuchs – mehr als 600 Kinder und Jugendliche – ausgebildet.

Deutschland
Während die Feuerwehr in den meisten Ländern aus rein hauptberuflichen Angestellten besteht, sind es hierzulande überwiegend ehrenamtliche Einsatzkräfte. 2020 waren in Deutschland 1 006 638 Personen in den freiwilligen Feuerwehren aktiv. In den Berufsfeuerwehren waren 35 041 Personen tätig.

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