Bietigheim als Nabel der Handballerinnen: Die Nationalmannschaft hat in der Egetrans-Arena Station gemacht und gegen Frankreich 21:24 verloren. Mit dabei war Julia Behnke, die ihre Karriere in Bietigheim begonnen hatte.

Bietigheim – Die Abbauarbeiten waren weit fortgeschritten und der Großteil der Zuschauer längst weg, da stand Julia Behnke noch immer in der Bietigheimer Egetrans-Arena. Hier eine Umarmung, dort ein kleiner Schwatz mit alten Bekannten. Es hat am Mittwochabend etwas länger gedauert, bis die 22-Jährige das Trikot der Handball-Nationalmannschaft ausziehen und unter die Dusche gehen konnte. Es war ein Heimspiel für die Kreisläuferin – wenn auch mit unbefriedigendem Ausgang. Die DHB-Auswahl verlor das EM-Qualifikationsspiel gegen den WM-Siebten Frankreich vor 3375 Zuschauern mit 21:24 (10:9). Behnke fand dennoch das Positive. „Das war ein Schritt nach vorne“, sagte sie an ihrer alten Wirkungsstätte.

 

Behnke, die 2013 mit der SG BBM Bietigheim in die Bundesliga aufgestiegen war, dachte bei dieser Einschätzung zum einen an das letzte Aufeinandertreffen mit den Französinnen, als es im Dezember während der WM-Gruppenphase eine 20:30-Abreibung gab. Und sie dachte auch an die Weiterentwicklung des Nationalteams, in dem ihr eine wichtige Rolle zugedacht ist. Nicht nur nach, sondern vor allem während des Spiels stand Julia Behnke im Zentrum. Als Kreisläuferin, aber im Besonderen im Abwehr-Mittelblock. „Sie hat sehr gut gespielt“, war der Bundestrainer Jakob Vestergaard zufrieden mit Behnke – und trotz der Niederlage nicht unzufrieden mit der Vorstellung der gesamten Auswahl. „Wir waren deutlich stärker als bei der WM.“

Ziel ist die EM-Teilnahme

Die beendete das Team auf Platz 13, jetzt geht es um die Teilnahme an der EM vom 4. bis zum 18. Dezember in Schweden. Nach der Niederlage gegen Frankreich und den Siegen gegen die Schweiz (29:18) und Island (22:17) in Gruppe 7 will die DHB-Auswahl nun in den noch ausstehenden Spielen gegen Frankreich (am Samstag in Nîmes), in der Schweiz (1./2. Juni) und gegen Island (4./5. Juni) die EM-Teilnahme sichern. Es qualifizieren sich die ersten beiden Teams jeder der sieben Gruppen sowie der beste Gruppendritte.

Die Qualifikation, die EM und das hochkarätig besetzte Vier-Länder-Turnier in Langhus bei Oslo in der nächsten Woche sind Zwischenstationen für ein großes Ziel. Bei der Heim-WM 2017 will man um den Titel mitspielen. Bis dahin soll das junge Team Erfahrung sammeln, zusammenwachsen und sich stetig weiterentwickeln.

Julia Behnke spielt jetzt für Metzingen

Julia Behnke steht beispielhaft für diesen Weg. Für die gebürtige Mannheimerin begann mit dem Wechsel von Bietigheim zur TuS Metzingen im Sommer 2014 eine rasante Entwicklung. Metzingens Manager Ferenc Rott hatte einen Glücksgriff getan und wusste um das große Potenzial der willensstarken Kämpfernatur. Die damals 21-Jährige wurde Stammspielerin, eroberte sich die Anerkennung der Metzinger Fans im Sturm, die sie zur besten Spielerin der Saison 2014/15 wählten, und setzt nun mit ihrem neuen Club neue Bestmarken für den aufstrebende Verein aus Deutschlands Outlet-Hochburg. Metzingen steht im Halbfinale des EHF-Cups und ist Tabellenführer der Bundesliga. „Sie spielt eine sehr gute Runde und fast immer 60 Minuten durch. Das ist sehr wichtig für ihre Entwicklung“, sagt Vestergaard, der Behnke zu ihrer ersten Weltmeisterschaft mitnahm.

Dort schied die DHB-Auswahl im Achtelfinale gegen Norwegen aus, aber Behnke zählte doch zu den Gewinnerinnen im deutschen Team – und ist ein wichtiger Teil des Verjüngungsprozesses. „Sie hat alles, was man braucht“, sagt Vestergaard, „sie ist schnell, klug, aggressiv und kann eine große Karriere in der Nationalmannschaft machen.“ Sollte es so kommen, wird es wohl auch in anderen Hallen dieser Welt etwas länger dauern, bis Julia Behnke nach Länderspielen unter die Dusche darf.