Das lange geplante Vorhaben von Léonard Kanitz aus Leonberg platzt von einem Tag auf den anderen.

Leonberg - Als er die E-Mail öffnet, ist er geschockt. Er weiß nicht, ob er wütend, traurig oder einfach fassungslos sein soll. Irgendwie hatte er es sich ja schon gedacht. Aber all die Planung, die er reingesteckt hatte, all die Vorfreude, wurde von einer Sekunde auf die nächste zunichte gemacht.

 

Léonard Kanitz studiert Bio- und Prozesstechnologie in Villingen-Schwenningen. Aber seit ein paar Monaten wohnt er wieder bei seinen Eltern in Leonberg. Die Coronapandemie hatte drastische Auswirkungen auf das Leben des 22-Jährigen. So wurde sein Auslandssemester, das schon seit eineinhalb Jahren geplant war, abgesagt. „Im Sommer konnte ich mein Auslandssemester in Jordanien nicht antreten. Es wurde vorerst um ein halbes Jahr verschoben, aber ich bezweifele sehr, dass die Lage sich bis dahin wieder beruhigt hat“, erzählt er mit gesenktem Blick.

Literaturrecherche im Homeoffice

Anstatt des Auslandssemesters hat der Student nun seine Bachelorarbeit vorgezogen. Für fünf Monate ist er deshalb im Forschungszentrum bei Bosch in Renningen. „Zum Glück habe ich etwas Sinnvolles gefunden, das ich in der Zeit machen kann. Deshalb ist alles nicht so tragisch“, sagt er lächelnd. Bei der Arbeit muss Léonard Kanitz immer eine Maske tragen. Da er die meiste Zeit mit Versuchen im Labor verbringt, kann er nur bedingt von Zuhause aus arbeiten. „Einmal in der Woche bleibe ich im Homeoffice und betreibe Literaturrecherche“, erzählt er.

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Die Pandemie trennte den jungen Mann zudem lange von seiner Familie, da diese nicht in Deutschland, sondern in Ungarn und Österreich lebte. „Meine Schwester studiert in Wien, und meine Eltern haben für drei Jahre in Budapest gewohnt. Für Weihnachten sind zum Glück alle wieder nach Hause gekommen, aber davor habe ich meine Familie fast ein halbes Jahr nicht gesehen“, erzählt er. Léonard Kanitz ist sehr dankbar, dass er Weihnachten trotz aller Umstände im kleinen Kreis feiern konnte. Doch er ist ein bisschen wehmütig, da er auf seine Großmutter verzichten musste. „Normalerweise feiern wir Weihnachten in Frankreich bei meiner Oma. Diesmal haben wir uns aber dazu entschlossen, in Deutschland zu bleiben.“

Der sportliche Ausgleich fehlt

Die Freizeit des jungen Mannes leidet massiv unter den verschärften Einschränkungen. Denn der 22-Jährige spielt normalerweise sowohl im Verein in Renningen als auch mit Freunden Volleyball und trainiert dafür fünf bis sechs Mal die Woche. „Ich fühle mich eingeengt. Es ist ein Ausgleich zum sonst so stressigen Alltag, der mir jetzt sehr fehlt. Ich versuche, so gut es geht zuhause meine Workouts zu machen oder Joggen zu gehen, aber das macht natürlich bei Weitem nicht so viel Spaß. „Es ist schon paradox. Normalerweise wird betont, dass Sport so gut für die Gesundheit sei. Jetzt darf ich meinen Sport aber nicht mehr betreiben, um meine Gesundheit zu schützen.“

Léonard Kanitz ist sicher, dass das Leben wieder so wird, wie es einmal war. „Ich denke, dass Menschen Gewohnheitstiere sind und schnell in alte Muster zurückfallen. Natürlich werden sich Dinge ändern, weil beispielsweise viele Läden, Bars und Restaurants pleitegegangen sind, aber der Großteil der Dinge wird sich wieder normalisieren“, sagt er zuversichtlich.