Gänsehaut garantiert: Justin Hayward, die Stimme von The Moody Blues, singt im Stuttgarter Mozartsaal melancholische Lieder über Sonnenuntergänge und „Nights in white Satin“.

Stuttgart - Preiswert sind sie nicht, die Tickets für diesen „intimen Abend mit der Stimme von Moody Blues“, aber Justin Hayward erfüllt bei seinem Konzert im Stuttgarter Mozartsaal alle Erwartungen. Dorthin sind am Sonntag 200 Zuschauer gekommen, die den Saal zwar zu weniger als einem Drittel füllen - aber alle tragen sie zuletzt eine Gänsehaut nach Hause. Der 71-jährige Brite tritt geradezu bescheiden auf, ein Pop-Gentleman mit weißem Hemd und einer Stimme, auf die kaum ein Schatten fällt. Früh am Abend schon betritt er die Bühne, um Mike Daws vorzustellen, der für ihn das Vorprogramm spielt.

 

Daws, geboren 1990, wurde 2017 von Fachmagazinen als weltbester Akustikgitarrist gekürt. In Stuttgart zeigt er sein verblüffendes Können mit eigenen Folksongs und mit einer Hommage an Prince – später wird er Justin Hayward auf akustischer und elektrischer Gitarre begleiten. Wunderbar an Haywards Seite macht sich auch Julie Ragins, die Keyboard spielt, Percussion beisteuert, mit schönster Stimme den Background singt. The Moody Blues traten 2017 erstmals seit Jahren wieder auf, im Herbst 2018 spielen sie in Las Vegas, Justin Hayward wird auch dort singen. Im Mozartsaal indes gelingt es ihm, den opulenten Sound seiner Band in kleiner Besetzung glaubhaft wiedererstehen zu lassen – und vielleicht wirkt die Traumwelt, in die seine Stücke führen, hier auch nahbarer, in der Tat persönlicher.

Mit dabei: „Nights in white Satin“

Hayward selbst wechselt bei jedem Song die Gitarre, rührt die Saiten mit leichtem Schlag, singt mit Gefühl, vielen Nuancen, zarter Melancholie, großem Drama. Julie Ragins Keyboard überrascht mit fein gesetzten Akzenten, gibt manchem Song einen neuen Anstrich, reproduziert bei anderen das schwelgerische Mellotron-Gefühl der späten 1960er Jahre, und Mike Daws souveräne Gitarrenkunst fügt sich melodiös ein in dieses Gewebe.

Natürlich bleibt Justin Hayward bei seinem Konzert zumeist im Reich von The Moody Blues. Wenige Stücke seiner Solokarriere und eine Cover-Version kommen hinzu, viele Geschichten auch – Hayward erzählt von schweren Zeiten, die er erlebte, von den ersten Auftritten der Moody Blues in den USA, in Bill Grahams Konzerthallen, er erzählt vom großen Fenster seines Kinderzimmers und dem Blick auf Hügel und Sonnenuntergänge. „In your wildest Dreams“, der Hit, mit dem The Moody Blues sich 1986 zurückmeldeten, leitet das Finale des Konzertes ein; „Questions“, ein Favorit von 1970, bringt das Publikum euphorisch auf die Beine. Und schließlich singt Justin Hayward „Nights in white Satin“, seinen Popsong für die Ewigkeit. Die Gänsehaut ist längst schon da.