Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Welch Erfindergeist in einsamen Stunden durch die Zellen wabert, lässt der Blick in die Vitrine im Flur der Schule erahnen. Ausgestellt sind kriminelle Werkstücke aus JVA-Produktion wie der Revolver aus Brot. „Der Häftling hat Brotstücke gekaut und daraus den Corpus der Waffe geklebt. Dann kam schwarze Schuhcreme drauf“, erklärt Obergfell-Fuchs. Weiter werden Schlagringe aus Schrauben präsentiert, Messer aus Konservendosen und ein zur Tätowiermaschine umgebauter Tauchsieder.

 

Übrigens gehören auch Tätowierungen zum Lehrstoff. Der Schulleiter hat eine kleine Lehreinheit in petto, die sich mit der Symbolik von Tattoos in der Russenszene befasst. „Die Anzahl der Zwiebeltürmchen einer russischen Kirche zeigt beispielsweise an, wie oft einer schon im Gefängnis war.“ Eine ausladende Kathedrallandschaft auf der Brust eines jungen Mannes ist demnach nicht zwingend Ausweis seiner unerschütterlicher Frömmigkeit.

Dieser Tage ist es auf den Korridoren der Schule ungewöhnlich still. Die schriftlichen Abschlussprüfungen laufen. Jeweils zwei bis drei parallele Lehrgänge mit durchschnittlich 22 Teilnehmern durchlaufen die Ausbildung. Auch für Fortbildungsveranstaltungen ist die Schule zuständig, wenngleich nicht alle Seminare in Stammheim stattfinden. „Wir organisieren das zentrale Fortbildungsprogramm für das ganze Land“, sagt der Schulleiter.

EDV und Küche ist beispielsweise ein Fortbildungsthema. Die Küchenmeister der Anstalten erstellen ihre Einkaufs-, Vorrats- und Speisepläne am PC. Das hilft, einen ausgewogenen Speiseplan kosteneffizient umzusetzen. Auch das Essen in der Schule ist so organisiert, denn es wird von der JVA Stammheim angeliefert. Diese Woche erfreut der Küchenchef Schüler, JVA-Bediensteten und Häftlinge unter anderem mit Linsen und Spätzle, Kassler auf Kraut, paniertem Fisch und Kaiserschmarrn.