Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat due Übernahme von KabelBW durch Unitymedia nachträglich gestoppt. Die Entscheidung des Kartellamts von 2011 sei aufgehoben. Für die Kunden soll sich zunächst nichts ändern.

Düsseldorf - Anderthalb Jahre nach der milliardenschweren Fusion von KabelBW und Unitymedia steht der Zusammenschluss auf der Kippe. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Übernahme des baden-württembergischen Kabelnetzbetreibers durch die Liberty-Global-Tochter nachträglich gestoppt. „Die Fusion führt dazu, dass KabelBW als einziger potenzieller Wettbewerber aus dem Markt genommen wird“, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Kühnen. „Potenzieller Wettbewerb wird beseitigt.“ Damit hob das Gericht eine Entscheidung des Bundeskartellamts aus dem Jahr 2011 zur Freigabe der Fusion auf.

 

Die Kartellwächter hatten den Zusammenschluss der Nummer zwei und drei auf dem umkämpften deutschen Kabelmarkt unter Auflagen gebilligt. Nach Ansicht der Richter reichten diese Zugeständnisse aber nicht aus, um zu verhindern, dass Unitymedia seine marktbeherrschende Stellung ausbaue. Das Gericht ließ keine Revision zu, die beteiligten Parteien können indes dagegen vor dem Bundesgerichtshof vorgehen. Bleibt es bei der Entscheidung des Düsseldorfer Gerichts, muss das Kartellamt prüfen, ob es die Fusion unter verschärften Auflagen freigeben kann. Sollte dies nicht der Fall sein, müssten die Unternehmen den bereits vollzogenen Zusammenschluss rückgängig machen (AZ: VI.Kart 1/12 (v)).

Neuverhandlung könnte sich über Jahre ziehen

Das Bundeskartellamt hatte die 3,2 Milliarden Euro teure Übernahme Ende 2011 erst nach mehrmonatiger Prüfung mit harten Auflagen genehmigt. Diese Zugeständnisse waren der Deutschen Telekom aber nicht weit genug gegangen, weshalb sie ebenso wie der Anbieter Netcologne gegen die Entscheidung der Behörde Beschwerde eingelegt hatte. Damit setzten sie sich nun durch. Kartellamtspräsident Andreas Mundt verteidigt das Vorgehen seiner Behörde. „Wir haben die Fusion sehr kritisch gesehen und nur unter sehr weitreichenden marktöffnenden Zusagen frei gegeben.“ Das OLG gehe nun noch einen Schritt weiter und hält diese Zusagen zur Beseitigung der wettbewerblichen Nachteile der Fusion für nicht ausreichend. Das Kartellamt will die schriftliche Begründung abwarten und dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Neuverhandlung könnte sich erneut über Monate, wenn nicht Jahre ziehen, sagte eine Unitymedia-Sprecherin. Für die Kunden ändere sich aber vorerst nichts.

Die Telekom begrüßt das Urteil. „Wir haben immer gesagt, dass die Transaktion die Wettbewerbsstrukturen auf den Kabelmärkten weiter deutlich verschlechtert“, sagte ein Konzernsprecher. Die bisherigen Auflagen des Kartellamts seien nicht ausreichend, um diese Verschlechterungen auszugleichen. Die Kabelkonzerne jagen der Telekom seit Jahren DSL-Kunden ab. Dank der stabilen Einnahmen aus dem Kabel-TV könnten die Firmen superschnelle Internetanschlüsse zu Dumpingpreisen anbieten.

Milliardenschwere Kabelhochzeit

Unitymedia-Kabel BW versorgt in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg 6,7 Millionen Haushalte; Kabel Deutschland zählt in den restlichen 13 Bundesländern 8,4 Millionen TV-Kunden. Nach Gerichtsaussagen spricht vor allem die gestiegene Marktmacht des Kabelriesen gegen die Fusion in ihrer derzeitigen Form. Ein Zusammenschluss sei zu untersagen, wenn eine marktbeherrschende Stellung durch eine Fusion verstärkt werde, sagte Richter Kühnen. Es sei davon auszugehen, dass KabelBW ohne einen Zusammenschluss innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre dem Platzhirschen Unitymedia in dessen Stammgebiet in Nordrhein-Westfalen Konkurrenz machen würde; bei einem Zusammenschluss geschehe dies nicht. Unitymedia kündigte an, alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel zu nutzen, um gegen den Beschluss des OLG bei der nächsthöheren Instanz, dem Bundesgerichtshof, Beschwerde einlegen zu dürfen, sagte die Unitymedia-Sprecherin.

Das Gericht kritisierte auch die Untersuchung des Kartellamts. Dieses habe die Auswirkungen der Fusion auf Klein- und Großkunden untersucht, doch gehe das Gericht von einem einheitlichen Markt aus. Auch hätte das Kartellamt die Auswirkungen der milliardenschweren Kabelhochzeit auf regionale Märkte unter die Lupe nehmen müssen – und nicht einen bundesweiten Markt annehmen dürfen. Zudem hätten Sonderkündigungsrechte, die Wohnungsbaugesellschaften in den Netzgebieten von KabelBW und Unitymedia eingeräumt wurden, nicht dazu geführt, dass Konkurrenten zum Zuge kamen. Auch dies zeige, dass die Entscheidung des Kartellamts aus Sicht des Gerichts aufgehoben werden musste.