Die Vereinigungen der Arbeitnehmer und des Mittelstandes fordern die Abschaffung der kalten Progression. Die CDU-Parteiführung versucht, den Vorstoß für Steuererleicherungen auszubremsen.

Berlin - Zwei wichtige Verbände in der CDU fordern einen jährlichen Steuerausgleich für die kalte Progression. Der Sozialflügel und der Wirtschaftsflügel wollen auf dem CDU-Bundesparteitag im Dezember den Antrag stellen, bis spätestens 2017 eine Steuerbremse einzuführen. Ziel ist die Abschaffung der kalten Progression. So wird der Effekt bezeichnet, dass Lohnerhöhungen, die dem Ausgleich der Inflation dienen, zu einer höheren Steuerbelastung führen. Diese heimlichen Steuererhöhungen sollen verhindert werden. „Am Inflationsausgleich sollte sich der Staat steuerlich nicht bereichern“, sagte Karl-Josef Laumann, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Carsten Linnemann, Chef des Wirtschaftsflügels, geht es darum, „einen Fehler im deutschen Steuersystem zu beheben“.

 

Der ausgeglichene Haushalt hat Vorrang

Mit dem gemeinsamen Antrag erhöhen die CDU-Vereinigungen den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble. Merkel und Schäuble sehen für einen Steuerausgleich zurzeit keinen Spielraum. Vorrang habe der ausgeglichene Bundeshaushalt, den die Regierung für 2015 anstrebt. Die CDU-Verbände sind dagegen der Meinung, eine Steuerreform lasse sich mit der Haushaltssanierung in Einklang bringen. Sie fordern, spätestens im Jahr 2017 den Steuertarif jährlich zu korrigieren. Dies gebe Bund und Ländern zeitlichen Spielraum. In Zeiten mit Haushaltsnotlagen könne der Steuerausgleich ausgesetzt werden. Linnemann betonte, dass es nicht um eine radikale Steuerreform gehe. Ihm schwebt vielmehr eine Entlastung um eine Milliarde Euro jährlich vor. Das Finanzvolumen hängt von der Inflationsrate ab, die aktuell niedrig ist. In der Schweiz und den Niederlanden gebe es solch einen Ausgleich schon.

Der Ruf nach Steuerentlastungen wird lauter

Die Parteiführung versucht, den Vorstoß der CDU-Gruppierungen auszubremsen: Merkel sieht keinerlei Verteilungsspielraum; Finanzminister Schäuble lehnt es ab, vorzeitig Erwartungen bei den Bürgern zu wecken. Seine Sprecherin erinnert daran, dass Schäuble 2010 einen Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression ins Parlament eingebracht habe. Damals ging es um eine jährliche Entlastung der Steuerzahler von sechs Milliarden Euro. Die Initiative der alten Regierung scheiterte am Widerstand der SPD-Länder im Bundesrat. Das Finanzministerium ist der Meinung, an der ablehnenden Haltung vieler Länder habe sich nichts geändert. Im Übrigen sehe auch der Koalitionsvertrag keine Kompensation vor.

In den vergangenen Wochen ist der Ruf nach Steuerentlastungen lauter geworden. Nicht nur der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel leitete in dieser Frage einen Kurswechsel ein, indem er die Abschaffung der kalten Progression verlangt. Auch die Gewerkschaften pochen darauf, dass von Lohnerhöhungen mehr bei den Arbeitnehmern ankommen soll. Ähnlich äußerte sich der CSU-Chef Horst Seehofer.