In der US-Metropole werden Männer in den U-Bahnen dazu angehalten, nicht zu viel Platz einzunehmen. Doch nicht alle wollen sich das breitbeinig Sitzen verbieten lassen.

New York - Jeder, der einmal mit der New Yorker U-Bahn gefahren ist, hat das schon erlebt. Der Waggon ist brechend voll, zusteigende Fahrgäste passen kaum noch ins Abteil. Dennoch besetzt ein Mann breitbeinig gleich drei Sitzschalen und tut so, als gehe ihn das alles nichts an. Und auf die Bitte, Platz zu machen, reagiert er im besten Fall mürrisch.

 

Die New Yorker haben für dieses Verhalten nun einen Namen: „Man Spreading“, wird das rücksichtslose Sich-Ausbreiten genannt – ein Begriff, der sowohl auf das Spreizen der Oberschenkel, als auch auf das Sich-Ausbreiten im öffentlichen Raum anspielt. Seit Beginn dieses Jahres geht die Verkehrsgesellschaft MTA systematisch gegen den Scherensitz vor, mit dem vorwiegend männliche Passagiere so viel Territorium markieren, wie sie nur irgendwie können. „Dude, stop the spread please“ – „Kumpel, lass das Ausbreiten bitte sein“ ist auf Schildern in den Zügen zu lesen, nebst einem entsprechenden Piktogramm.

Die New Yorker streiten gern, wenn es um den Alltag geht

Eigentlich dürfte diese Initiative nicht besonders kontrovers sein. Was kann man auch vernünftigerweise dagegen einwenden, sich in einem notorisch überfüllten U-Bahn-Netz auf die 45 Zentimeter zu beschränken, welche die Innenarchitekten der New Yorker Bahnen aufgrund von statistischen Erhebungen über Hüftbreiten jedem Fahrgast zugeteilt haben? Doch die Stigmatisierung der Man-Spreader hat dennoch eine hitzige Debatte ausgelöst – die New Yorker streiten eben gerne, wenn es um etwas geht, das ihren Alltag betrifft.

Viele Pendler sind dankbar, dass sich die Behörden des Themas endlich angenommen haben. So schrieb der Blogger Brian Moylan als Reaktion auf die Kampagne eine feurige Anklage gegen die Man-Spreader. „Diese Leute brechen den Sozialvertrag dieser Stadt“, so Moylan. „Wir haben nicht genug Platz auf dieser Insel und jeder sollte nur den Raum beanspruchen, der ihm zugeteilt wird.“

„Habt ihr schon mal etwas von Hoden gehört?“

Ähnlich sieht es die Schauspielerin Kelley Rae O’Donnell, die schon längst ihre eigene Kampagne gegen das Manspreading gestartet hat. Auf dem Blog „Men taking up too much Space on the Subway“ veröffentlicht sie regelmäßig Fotos von besonders gravierenden Fällen. „Es macht mich verrückt“, so O’Donnell. „Es ist so was von rücksichtslos in dieser überfüllten Stadt.“

Zahlreiche Bilder von über drei Sitze ausgebreiteten Männern sind auch auf anderen Webseiten zu sehen. In den Kommentarspalten dort verteidigen sich indes die Fotografierten. „Habt ihr schon mal etwas von Hoden gehört?“, schreibt etwa ein beleidigter Man-Spreader. „Ich werde meine Genitalien bis zu dem Tag verteidigen, an dem ich sterbe, und Du hast keine Ahnung wie es ist, externe Geschlechtsteile zu haben“, meckert ein anderer.

Das klassische Verhalten von Alphamännchen?

Doch viele wollen dieses Argument nicht gelten lassen. „Als Besitzer eines Penis“ schreibt Brian Moylan, „kann ich nur sagen, dass es vollkommen unmöglich ist, dass dein Paket so groß ist, dass du deine Beine so weit spreizen musst, wie der Grand Canyon. Und falls es doch so ist, dann tu dir einen Gefallen und nimm ein Taxi.“

In Wirklichkeit, glaubt Moylan, gehe es hier doch um etwas ganz anderes. „Man-Spreading ist eine visuelle Manifestation des patriarchalen Privilegs“, meint er. Das provokative Spreizen der Oberschenkel ist demnach nichts anderes als klassisches Alphamännchen-Verhalten. Man besetzt so viel Platz, wie man nur eben kann: als Herausforderung an Rivalen und als plumpes Geltendmachen der eigenen Präsenz.

Insofern ist das Man-Spreading dem Federspreizen der Pfauen nicht unverwandt. „Das Männchen plustert sich auf, versucht die Rivalen einzuschüchtern und das andere Geschlecht zu beeindrucken“, schreibt Nina Bahadur in eine Kolumne über das Man-Spreading in der „Huffington Post“: „Es ist letztlich der Versuch, Potenz zu demonstrieren.“