Kampf gegen Extremismus Grüne wollen Waffenrecht verschärfen, FDP bremst

Täuschend echt: eine Schreckschusspistole Walther P22 wird geladen. Foto: dpa//Oliver Killig

Wer vom Verfassungsschutz beobachtet wird, soll keine Waffen erwerben können – die Grünen machen Druck auf Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Knackpunkt ist die FDP.

Offenbar nutzen die Ampelparteien die politische Sommerpause, um ein wenig das Profil zu schärfen. Nach dem Vorstoß der SPD zu Mieterrechten kommen die Grünen nun mit einer Idee, die Hürden für den Kauf von Schreckschuss- und Gaspistolen zu erhöhen. „Die Zahl der Besitzer von solchen Waffen hat sich seit 2016 verdoppelt“, sagt Marcel Emmerich, Grünen-Obmann im Innenausschuss. Insgesamt seien 740 000 solcher Waffen im Umlauf. Allein 2021 seien 35 000 dazu gekommen.

 

Darin sieht der Ulmer Abgeordnete eine Gefahr. „Die täuschend echt aussehenden Waffen können schnell zu einer Eskalation von Auseinandersetzungen führen“, sagt er. Zudem können sie zu schweren Verletzungen führen. Im Extremfall sogar zum Tode, wenn die Waffe auf den Kopf aufgesetzt wird. Allein in Berlin seien im vergangenen Jahr 20 Menschen verletzt worden. Der Grünen-Politiker beobachtet diesen Trend mit zunehmender Sorge – das subjektive Sicherheitsempfinden veranlasst offenbar immer mehr Menschen dazu, sich mit solchen Scheinwaffen auszurüsten.

Grüne: Extremisten dürfen keine Waffen kaufen

Die Grünen schlagen vor, dass beim Kauf von Schreckschuss- und Gaspistolen der so genannte „Kleine Waffenschein“ nachgewiesen werden muss, und dass dieser auf drei Jahre befristet wird. Zudem greifen sie den Satz von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auf, die im Hinblick auf den rechtsradikalen Anschlag von Hanau oder den Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke von einer „Entwaffnung von Extremisten“ gesprochen hat. Daher Emmerichs Forderung: Extremisten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, dürfen grundsätzlich keine Waffenbesitzkarte erwerben – womit scharfe Pistolen und größere Kaliber gekauft werden können. „Der Täter von Hanau hatte legale Waffen, wir brauchen dafür ein robustes Gesetz“, fordert Emmerich. Bislang liege es immer noch im Ermessensspielraum des Verfassungsschutzes, ob der Waffenbesitz verwehrt werden könne. Diese Positionen wurden auch schon auf Fraktionsebene in der Ampelkoalition diskutiert. Dabei zeichnet sich ab, wie zu hören ist, dass die FDP zwar manches mittragen könnte, aber nur in sehr eng gesteckten Grenzen.

Das Ministerium arbeitet an einem neuen Gesetz

Im Innenministerium arbeitet man derzeit an einer Überprüfung vorangegangener Reformen des Waffenrechts, wie eine Sprecherin mitteilt. Immerhin kursiert bereits ein Entwurf für ein neues Waffengesetz, der sich „noch in der Abstimmung“ befinde. Wann er ins Kabinett kommt, ist offen. In Koalitionskreisen ist es aber ein offenes Geheimnis, dass Faeser vor allem aus Rücksicht auf den liberalen Koalitionspartner eher zurückhaltend agiert und die „Evaluation“ noch länger dauern könnte. Auch deswegen machen die Grünen jetzt Druck.

Anne Breitenstein, eine Sprecherin des Innenministeriums, sagt jedoch klar: „Erforderliche Änderungen des Waffengesetzes können nicht wegen der Evaluation zurückgestellt werden.“

Müssen Munition und Waffen getrennt werden?

Weitergehende Forderungen etwa zur Regulierung von Waffen von Sportschützen und Jägern will man aber von grüner Seite wegen der kritischen Haltung der FDP nicht aufs Tapet bringen. Nur die bereits nach Amokläufen wie in Winnenden diskutierte Trennung von Waffen und Munition könnte aufgegriffen werden. Im Koalitionsvertrag der Ampel ist lediglich ein Prüfauftrag vorgesehen.

Und die Sozialdemokraten? Wie zu hören ist, will man mit Rücksicht auf die Landtagswahl in Niedersachsen noch abwarten. Die Gegner weiterer Verschärfung haben sich jedenfalls bereits im Online-Fachmagazin „All4Shooters“ zu Wort gemeldet und gefordert, lieber die Gesetze besser zu kontrollieren: „ Was soll diese Diskussion um eine weitere Verschärfung eines ohnehin sehr strengen Waffengesetzes in Deutschland?“

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