General Karl Müllner hält bewaffnete Drohnen für unverzichtbar. Er nennt militärische Argumente – und eröffnet eine Debatte. Schon melden sich die ersten Gegner dieses Planes zu Wort.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Seit knapp drei Monaten ist der Dreisternegeneral Karl Müllner Inspekteur der Luftwaffe. Er gehört damit zum halben Dutzend wichtigster Offiziere der Bundeswehr. Bei seinem ersten Pressegespräch in Berlin hat der 56-Jährige, der seine Fliegerlaufbahn auf dem Kampfjet Phantom begonnen hat, jetzt gezeigt, dass er schwierige Themen nicht scheut.

 

Bewaffnete Drohnen sind umstritten. In Verruf sind sie vor allem, seit die USA sie im Kampf gegen Aufständische immer wieder auch jenseits des offiziellen Einsatzgebietes in Afghanistan todringend genutzt haben. Dass die aus Amerika ferngesteuerten Drohnen nicht nur Taliban töteten, sondern auch Zivilisten, verschärft die Kritik. Friedensaktivisten lehnen das Waffensystem insgesamt als unmoralisch ab. Viele Sicherheitspolitiker, nicht zuletzt der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), halten dagegen, dass nicht die Waffe an sich, sondern der Umgang damit die Grenze zwischen rechtens und illegal ausmacht. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold ist überzeugt, dass das Vorgehen der Amerikaner in Pakistan völkerrechtswidrig ist.

Der General findet deutliche Worte

In diese Gemengelage hinein hat Karl Müllner klare Worte formuliert. Nach den Erfahrungen mit den Aufklärungsdrohnen in Afghanistan halten sowohl seine Teilstreitkraft als auch das Heer die Drohnen für „strategisch-taktisch unverzichtbar“. Der ranghöchste Soldat der Luftwaffe geht noch einen Schritt weiter: „Die künftigen Drohnen müssen bewaffnet sein“, fordert er. „Ich kann Soldaten am Boden nicht erklären, warum im Gefecht aus politischen Gründen erst ein bemanntes Flugzeug zur Luftunterstützung angefordert werden muss für etwas, das auch eine Drohne hätte leisten können.“

Für Müllner kommt die grundlegende Erkenntnis hinzu, dass es seit vielen Jahren keinen Konflikt gegeben hat, bei dem man durch militärisches oder ziviles Engagement Erfolg hatte, ohne dass eigene Kräfte den Luftraum kontrollierten. „Es ist zentral, dass wir die dritte Dimension beherrschen; ohne dies ist keine Bedrohung am Boden zu bewältigen“, sagt er. In den nächsten Jahren kämen in der Fliegerei zudem generell immer mehr unbemannte Elemente zum Einsatz.

Der Beginn einer fundamentalen Sicherheitsdebatte

Mit seiner nüchternen Darstellung der militärischen Sicht hat der Luftwaffengeneral einen Stein ins Wasser geworfen, der eine fundamentale Sicherheitsdebatte eröffnen dürfte. Das wird nicht einfach für den Bundestag, auch wenn sich – mit Ausnahme der Linkspartei – unter den Verteidigungspolitikern keine Fundamentalopposition gegen eine solche Bewaffnung abzeichnet.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold formuliert die Schlüsselfrage so: „Sinkt die Hürde zum Waffengebrauch, wenn unbemannte Systeme zum Einsatz kommen, wie man es bei den Operationen der US-Streitkräfte in Pakistan sieht?“ Er selbst glaubt das eher nicht, sondern ist überzeugt davon, „dass der Bundestag genauso stringent wie bisher entscheiden wird, ob wir militärische Mittel einsetzen, auch wenn kein eigenes Personal gefährdet wird“. Langfristig werden, so Arnolds Überzeugung, Kampfdrohnen zum Arsenal moderner Streitkräfte gehören. Diese Auffassung teilt er mit dem CDU-Mann Ernst-Reinhard Beck. „Es ist die gleiche Verantwortung, egal ob ein bemanntes Flugzeug eingesetzt wird, das eine Hellfire-Rakete abschießt, oder eine Drohne das Gleiche tut“, meint Beck. „Der Waffengebrauch der Bundeswehr würde bei einer Drohne nicht anders aussehen als bei einer anderen Waffe.“

„Man sollte Vertrauen in die Bundeswehr haben, dass wir die Drohnen regelkonform einsetzen“, mahnt der Luftwaffeninspekteur Müllner. „Die Forderung, auf die Bewaffnung von Drohnen zu verzichten, ist genauso unsinnig wie die Debatte über die strukturelle Nichtsangriffsfähigkeit im Kalten Krieg.“