Die Großverdiener sind zurück: Jay-Z arbeitet an seinem neuen Album und Kanye West brachte die Tage sein sechstes Werk "Yeezus" raus.

Stuttgart - Es gibt nur zwei Städte auf dieser Welt: Stuttgart und New York. Jaja, lassen wir das und lass uns mal über New York reden. Nein, besser, lass uns mal über Musik reden. Weil Stadtkinder hören gerne Musik. Nein, auch falsch. Alle hören gerne Musik. Zumindest die meisten Menschen. Und in Stuttgart mag man ganz gerne HipHop – egal, ob tiefster Untergrund oder Chartfront.

Von letzterer gibt es große Neuigkeiten. Kanye West hat sein sechstes Studioalbum namens „Yeezus“ veröffentlicht und Jay-Z hat sein neues Werk „Magna Carta Holy Grail“ angekündigt, sein erster Solo-Langspieler seit dem eher missratenen „Blueprint 3". Das haut er übrigens am 4. Juli drei Tage vorab für eine Million (!) Samsung Galaxy Geräte Besitzer umsonst raus, klar man ist ja Halbmilliardär. Die erste, eher halbgare Videobotschaft hat es in fünf Tagen auf 13 Millionen Klicks gebracht:


Hovas Dauerkumpel West ist dagegen seit Dienstag, 18. Juni mit seiner neuen Scheibe in allen CD-Regalen und MP3-Shops dieser Erde vertreten. Allerdings wurde „Yeezus“ schon ein paar Tagen vor Release kräftig im Netz debattiert, denn trotz der üblichen Sicherheitsvorkehrungen fand „Yeezus“ vorab seinen Weg auf Mediashare-Plattformen, wurde also „geleaked“. Finanziell wird es West verkraften können und wenn die Leute über seine Platte motzen sowieso, denn sein Selbstbewusstsein ist, ähm, nur unwesentlich kleiner als das Universum.

West gilt als die wahrscheinlich kontroverseste Figur im Mainstream-HipHop. Am besten trifft es die alte Floskel vom dicht beieinanderliegenden Genie und Wahnsinn. Bis ins Jahr 2004 agierte West überwiegend im Backend und produzierte Beats für Beyoncé, Alicia Keys, Ludacris oder natürlich für den bereits erwähnten Jay-Z. Seit Wests technischer Mitarbeit auf „Blueprint“ (2001), dem vielleicht wichtigsten Werk vom Jiggaman, ist Kanye West zumindest unter HipHop-Experten eine feststehende Größe. Die breite Öffentlichkeit kennt ihn spätestens seit seinem Debütalbum „The Collage Dropout“, wiederum eines der besten HipHop-Alben der Nullerjahre.

Da war die Welt noch Teddybär (das Plüschtier zog sich durch das Artwork seiner ersten drei Alben) und Kanye West galt als cooler Typ, der HipHop am Leben hält und weiter bringt. Doch spätestens als er beim MTV European Music Awards 2007 entrüstet auf die Bühne hechtete und sich lauthals darüber beschwerte, dass er doch bitteschön den Preis für das beste Video absolut verdient hätte und nicht der gerade geehrte französische Electro-Act Justice, war klar: Der Kerle isch doch net ganz sauber, wie wir Schwaben zu sagen pflegen.

Noch ein aktuelles Beispiel gefällig? Kanye Omari West ist mit Kim Kardashian liiert und die Tage kam ihr erstes Kind, eine Tochter, auf die Welt. Laut US-Medienberichten haben Mama und, wahrscheinlich noch mehr, der Papa der Kleinen den Namen „North“ verpasst. Das bedeutet schlicht und einfach, dass in der ID Card des Mädchens tatsächlich „North West“ steht. Das wird super später in der Schule und am Collage.

Weiterhin kann man sich darüber den Kopf zerbrechen, was der Albumtitel „Yeezus“ über das Ego eines 36-jährigen Mannes aussagt. Kann man aber einfachhalber sich keine Gedanken darüber machen und sich die Platte zu Gemüte führen, was wiederum angesichts mitunter bassdröhnender, verstörender, überfrachteter Klangeskapaden nicht immer ganz einfach ist. Die Tracks erinnern stellenweise eher an holländischen Industrial Techno und amerikanischen Acid-House der früher 1990er und haben mit HipHop nicht mehr viel gemeinsam, außer ja, da rappt noch jemand.

Das Album ist überwiegend in Paris aufgenommen wurden und scheinbar hat sich zwischen dem epischen Vorgänger „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ und dem gemeinsamen „Watch The Throne“-Album mit Jay-Z einiges an Kreativität bei Herrn West angestaut, die er auf gerade mal 40 Minuten verdichtet. Und so wirkt „Yeezus“ wie ein intensiver, komprimierter Marsch durch 30 Jahre Clubmusik, nachdem eines klar ist: Egal ob er einen an der Waffel hat oder nicht, sein Handwerk beherrscht er und die Ideen scheinen ihm nicht auszugehen. Der Rest ist wie immer Geschmacksache. Die einen feiern einen neuen Geniestreich und reden vom „the next step“ und sich die anderen sehnen sich nach dem Teddybär der Nullerjahre und fragen sich irritiert: „Ist das eigentlich noch HipHop?“ Und Im Zweifel gilt die Phrase: Wächst beim Hören. Garantiert.