Betrunken, bekifft und verzweifelt wegen der Ex-Freundin? Oder war die Aussicht auf Lösegeld Motiv für die Tat? Im Prozess um eine Geiselnahme in einer Apotheke sagt der Angeklagte ausführlich aus.

Im Prozess um die Geiselnahme in einer Karlsruher Apotheke hat der 21 Jahre alte Angeklagte die Tat gestanden. Er sei ihm nicht um Geld gegangen, sondern nur darum, seine Ex-Freundin wiederzusehen, begründete er am Montag vor dem Landgericht Karlsruhe den Überfall vom März vergangenen Jahres. Der Mann hatte verlangt, mit seiner Ex-Freundin sprechen zu dürfen, und auch sieben Millionen Euro Lösegeld gefordert. Das Geld aber sei ihm egal gewesen. „Sobald man mir meine Ex-Freundin gebracht hätte, hätte ich aufgegeben“, beteuerte er.

 

Bereits am Vorabend habe er den Entschluss zur Geiselnahme gefasst, räumte er während seiner ausführlichen Aussage weiter ein. Das ursprüngliche Ziel für den Überfall sei allerdings eine Bankfiliale gewesen. Als es da viel zu voll gewesen sei, sei er von dem Plan abgerückt und ziellos durch die Gegend gelaufen. Dann habe er spontan beschlossen, die Apotheke zu betreten. Er schoss sofort mit einer Schreckschusswaffe, wie auch eine der Geiseln als Zeugin bestätigte. Der 21-Jährige habe sehr nervös und angespannt gewirkt, sagte die 62-Jährige. „Das geforderte Gespräch (mit der Ex-Freundin) schien ihm sehr wichtig zu sein.“

Angeklagter: „Ich war besoffen“

Nach seinen eigenen Worten hatte der Angeklagte am Tatmorgen schon zu trinken begonnen und auch Joints geraucht. Danach sei er losgezogen, um sich für 200 Euro die Schreckschusswaffe, Munition sowie ein Tuch zur späteren Maskierung zu kaufen. „Ich war besoffen“, sagte er. Auf die Zeugin hingegen hatte der Mann keinen betrunkenen oder unter Drogen stehenden Eindruck gemacht. Er sei verzweifelt und wütend gewesen, sagte die sehr gefasst wirkende Frau.

Sie hob hervor, dass er sich auch um sie und die andere als Geisel genommene Kundin kümmerte und sie beispielsweise mit Kopfschmerztabletten versorgte. Sie habe versucht, während der Geiselnahme Kontakt zu ihm aufzubauen. „Ich hätte mir gewünscht, eine Mutter wie dich zu haben“, habe er später zu ihr gesagt. Im Anschluss an ihre Zeugenaussage entschuldigte sich der Mann bei ihr. „Es tut mir unfassbar leid, was ich gemacht habe“, sagte er. „Ich wünschte, ich könnte das rückgängig machen.“

Zu den persönlichen Verhältnissen des mutmaßlichen Täters ist nichts bekannt. Die Öffentlichkeit war zum Prozessauftakt vor zwei Wochen für die Vernehmung zu seiner Person ausgeschlossen worden.

Spezialkräfte der Polizei stürmten Apotheke

Der Mann hatte die beiden Kundinnen und eine Mitarbeiterin des Geschäftes als Geiseln genommen, die Mitarbeiterin konnte unmittelbar nach Beginn des Überfalls fliehen. Weitere acht Angestellte und Mitarbeiter der Apotheke versteckten sich in anderen Räumen, wo sie rund fünf Stunden ausharrten. Spezialkräfte der Polizei stürmten schließlich die Apotheke und nahmen den mutmaßlichen Täter fest. Verletzt wurde niemand. Mehrere der Opfer sind laut Anklage aber bis heute traumatisiert und zum Teil weiter arbeitsunfähig.

Das Verfahren findet vor der Jugendstrafkammer statt, da der Angeklagte zur Tatzeit erst 20 Jahre alt war. Ob der Mann damit letztlich auch nach Jugendstrafrecht verurteilt wird, hängt vom Ermessen der Kammer ab. Der heute 21-Jährige ist wegen Gewaltdelikten einschlägig vorbestraft.

Für den Prozess sind Sachverständige und weitere Zeugen geladen. Ein Urteil könnte am 29. Februar gesprochen werden.(Az.: 7 KLs 331 Js 11431/23).