Sie war nie wirklich weg, aber jetzt drängt die Skinny Jeans mit Macht zurück auf die Laufstege. Mode-Ikonen wie Kate Moss verhelfen der superschmalen Röhre zurück zum Comeback. Aber macht die Verbraucherin das mit?

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Mit ihrer einzigartigen Mode-Autorität macht Kate Moss es offiziell: Die Skinny Jeans ist zurück. Das britische Model wurde kürzlich beim Shoppen gesichtet. In einer Jeans, so eng an den Beinen wie man sie zuletzt in den Nuller- und frühen Zehnerjahren getragen hat. Noch dazu „low rise“. Damit gibt es modisch wahrscheinlich kein Entrinnen mehr: Die Skinny Jeans zwängt sich zurück in unser Leben so wie wir uns früher in sie.

 

Wenn es nach vielen Modehäusern geht, ist die Rückkehr der superengen Jeans ausgemacht. Alexander McQueen, Balenciaga oder Miu Miu zeigten die Skinny bei ihren diesjährigen Herbst/Winter-Schauen. Mit Schrecken werden viele Frauen registrieren, dass die engen Hosen auch noch richtig tief auf den Hüften sitzen. „Low rise“, sodass die Nieren frösteln und beim Bücken die Gefahr besteht, unfreiwillig den unbekleideten Hintern zu zeigen.

Super eng und „low rise“: So sieht Miuccia Prada die Skinny Jeans. Foto: Imago/Bestimage

Dass auch die Moss sich ausgerechnet für eine solche tiefsitzende Jeans entschieden habe, sei ein „doppelter Schlag für alle, die die 2000er Jahre tot und begraben sehen wollen“, schrieb die „Vogue“ in kaum verhohlener Verzweiflung. Auch andere Trendsetterinnen sind zurück bei schmalen Jeans: Herzogin Meghan zum Beispiel, das Model Gigi Hadid oder die Schauspielerin Sarah Jessica Parker. Doch machen die Verbraucherinnen das mit? Oder fühlen sie sich in ihren komfortablen Slouchy, Boyfriend und Wide Leg Jeans inzwischen einfach zu wohl?

Nur weil Kate Moss jetzt in einer Skinny Jeans gesichtet wurde, müssen wir nicht kollektiv unsere weiten Jeans in die Tiefen des Kleiderschranks verbannen, sagt Dirk Wolfes, Professor für Modedesign an der Hochschule Trier. „In der Mode ist längst eine Demokratisierung im Gange: Ganz richtig und ganz falsch gilt schon lange nicht mehr. Wir haben ganz viele Möglichkeiten uns zu kleiden, ohne komplett daneben auszusehen.“

In extrem schmalen Hosen: Herzogin Meghan bei den Invictus Games. Foto: Imago/iImages

Wirklich weg sei die enge Hosenform auch nie gewesen, erklärt Wolfes: „Die Skinny Jeans ist ein so genannter Mikrotrend – sie ist mal da, dann nicht mehr so präsent, dann wieder da.“ Bei allen großen Jeansmarken seien immer auch schmal geschnittene Modelle im Angebot. Das, sagt der Modeexperte, habe auch ganz praktische Gründe: „Die Hersteller ordern Stoffe Monate weit im Voraus, in Mengen von mehreren 10.000 Metern. Ist das Stoff mit Elasthan, kann man den für die weiten Jeans nicht gebrauchen, dann schneidert man eben weiter fleißig Skinnys.“ Wer die Form mochte, konnte sie also auch kaufen, als sie vermeintlich out war.

„Die Botschaft, die von den Laufstegen kommt, lautet entweder: alles ganz weit – oder: alles ganz eng und körperbetont“, sagt Wolfes. „Die Verbraucherin macht daraus: enges Oberteil, weite Hose. Oder enge Hose, weites Oberteil.“

Wie trägt man sie dann jetzt also, die Skinny Jeans? Bitte nicht hauteng. Slim ja, Boa-Constrictor-Style nein. Der Look sei 2024 mehr „skinny-ish“ und nicht das volle Elasthan-Paket, schrieb die britische „Elle“. „Weite weiße Hemden“, schlägt Dirk Wolfes zur schmalen Hose vor. Oder Boxy-Cut-Oberteile – kurze, kastig geschnittene T-Shirts oder Pullis. Ganz angesagt: Boxy-Cut-Polohemden. „Oder man geht auf den vollen Look und trägt ein Feinrippunterhemd zur Skinny Jeans. Dazu passt ein Oversize-Blazer, damit die Proportionen wieder stimmen.“

Der Professor für Modedesign rät dazu, doch mal im Kleiderschrank zu wühlen: „Ich bin sehr dafür, die alte Skinny Jeans wieder rauszuholen, statt etwas Neues zu kaufen. Wenn wir Kleider länger anziehen, leisten wir einen enormen Beitrag zum Klimaschutz: Neun Monate länger tragen spart 20 bis 30 Prozent CO2 ein.“ Wenn die alte Jeans nicht so ausschaut wie auf den Laufstegen, sei Kreativität gefragt: „Man kann den Saum kürzen, aufkrempeln oder oben den Bund abschneiden.“ Auch Vintage kaufen sei besser als neu erstehen. „Kate Moss hat die Skinny wahrscheinlich auch noch von früher im Schrank gehabt.“

Die treuste Freundin der Skinny Jeans: Prinzessin Kate. Foto: Imago/iImages, PA Images

Eine dürfte sich übrigens freuen, dass die Skinny Jeans ein Revival feiert. Die Prinzessin von Wales. Kate konnte sich als typische Vertreterin der Generation X sowieso nie so ganz von ihr trennen.