Die Inflation schlägt massiv auf Kfz-Policen durch. Im Schnitt um zwölf Prozent liegt das Prämienniveau aktuell über Vorjahr. Die Unterschiede sind groß. Vergleichen lohnt.

Die Geldbeutel von Verbrauchern werden immer leerer. „Wir erleben Preissteigerungen in historischem Ausmaß“, sagt Wolfgang Schütz. Der Geschäftsführer des Preisvergleichsportals Verivox spricht von Kfz-Policen, deren alljährliche Wechselsaison gerade hochläuft. Weil viele Verträge bis Ende November gekündigt werden können, suchen Autofahrer in den Wochen davor nach günstigen Tarifen.

 

Grund dafür gibt es in diesem Jahr mehr denn je. Verivox hat Statistik-Professor Wolfgang Bischof aktuelle Angebote für Kfz-Policen durchforsten lassen. Um zwölf Prozent lagen die Prämien Anfang Oktober höher als voriges Jahr um diese Zeit. Das ist aber nur eine Durchschnittsbetrachtung. Blickt man auf das günstigste Preissegment, auf das wechselwillige Fahrzeughalter derzeit vor allem schielen, betragen die Aufschläge über alle Kfz-Versicherungsarten 14 Prozent. Am stärksten fallen sie bei Vollkasko mit 16 Prozent aus. Bei der gesetzlich verbindlichen Haftpflicht sind es zwölf und bei Teilkasko elf Prozent.

„Wir erwarten einen historischen Kfz-Jahreswechsel im Markt, da die Kostensteigerungen historisch sind“, erklärt auch Huk Coburg als größter deutscher Kfz-Versicherer mit 13,7 Millionen Verträgen im Bestand. Branchenweit sei bis Jahresende eine Schaden-Kosten-Quote von 108 bis 110 Prozent zu erwarten. Das heißt, für 100 eingenommene Euro müssen Versicherer 108 bis 110 Euro für Schäden berappen. Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) rechnet für 2023 mit einem Jahresverlust der Branche von 2,5 Milliarden Euro.

Die Kfz-Versicherung gilt als sehr umkämpft

Die ganze Wahrheit spiegelt das aber nicht wider, findet Hermann-Josef Tenhagen. „Nicht was versicherungstechnisch für Versicherungsunternehmen herauskommt, ist entscheidend“, wirft der Verbraucherschützer und Chefredakteur des Ratgebers Finanztip ein. „Versicherungstechnisch“ bezeichnet in diesem Fall die reine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben. Versicherer können aber auch Geld auf Finanzmärkten anlegen, was mit spürbar gestiegenen Zinsen wieder Gewinne aus Finanzanlagen erlaubt. Das dämpft versicherungstechnische Verluste. Zugleich gilt die Kfz-Versicherung als sehr umkämpft. Versicherer nehmen hier auch mal Verluste in Kauf, um gewonnenen Kunden dann auch lukrativere Policen verkaufen zu können.

Noch läuft die Wechselsaison, und gerade in den nächsten Wochen ist erfahrungsgemäß viel Bewegung in den Tarifen. „Aber man kann vermuten, dass es diesmal signifikant teurer wird“, schätzt auch Tenhagen. Umso wichtiger sei es für Fahrzeughalter, Preise und Leistungen zu vergleichen, sobald vom bisherigen Versicherer die Rechnung fürs nächste Jahr auf den Tisch flattert. Nicht immer auf den ersten Blick seien Aufschläge dort erkennbar, warnt Tenhagen. Wer 2023 unfallfrei unterwegs war, kommt in eine günstigere Schadenfreiheitsklasse, die den Beitrag sinken lässt. Dieser Rabatt kann den Blick für eine gleichzeitige Prämienerhöhung leicht verschleiern. Auch Verbraucherschützer des Bunds der Versicherten (BdV) raten deshalb in Vergleichsportalen zu schauen, was man für identische Versicherungsleistungen bei einem anderen Versicherer bezahlen würde.

Treue belohnen Kfz-Versicherer kaum

„Als Erstes sollte man bei seinem bisherigen Versicherer nachhaken, ob die Umstellung auf einen neuen, aktuellen Tarif Einsparungen bringt, ohne dabei die Leistungen zu verschlechtern“, rät BdV-Vorständin Bianca Boss. Denn Treue belohnen Kfz-Versicherer kaum. Von Bestandskunden werden erfahrungsgemäß stets höhere Preise verlangt als von umworbenen Neukunden. BdV und Tenhagen raten zudem zu prüfen, welche Leistungen man wirklich braucht. Für ein in die Jahre gekommenes Auto lohnt Vollkasko oft nicht mehr. Preisdämpfend wirkt auch Selbstbeteiligung. Stellt man bei 150 Euro Selbstbehalt von Voll- auf Teilkasko um, sinkt die Prämie im Schnitt um gut ein Fünftel, erläutern die Finanztip-Experten. Bei 300 Euro Selbstbeteiligung sei es sogar gut ein Viertel.

Im Schnitt über ein Zehntel lässt sich sparen, wenn Fahrzeughalter mit ihrem Versicherer eine Werkstattbindung vereinbaren. Reparieren lassen darf man ein Auto dann nicht mehr in einem Betrieb eigener Wahl, sondern nur noch in einem, der mit dem Versicherer kooperiert und kostengünstig ist. Wer sich überwachen lässt, kann sich bei gesittetem Fahrstil per Telematik-Tarif bis zu 30 Prozent Rabatt sichern.

Eine Stellschraube ist auch die jährliche Fahrleistung, bei der man aber nicht schummeln darf. Öfter Rad- statt Autofahren macht sich dort nicht nur gesundheitlich bezahlt. Eine von 20 000 Kilometer auf 10 000 Kilometer halbierte Fahrleistung bedeutet zum Beispiel ein Fünftel weniger Beitrag, sagen die Finanztip-Experten. Aber auch schon durch Preisvergleiche allein lässt sich einiges sparen. Verivox hat den günstigsten Anbieter mit dem Durchschnitt verglichen und ist in der Haftpflicht so auf ein Einsparpotenzial von 31 Prozent gekommen, in Teilkasko auf eines von 28 Prozent und bei Vollkasko von 27 Prozent. Auf ähnliche Dimensionen kommt auch Tenhagen. Es lohnt, demnächst Kfz-Tarife zu vergleichen.

Versicherungsleistungen
Es gibt Versicherungsleistungen, an denen Fahrzeughalter auf keinen Fall sparen sollten, sagen Verbraucherschützer. Dazu zählen 100 Millionen Euro Deckungssumme, eine Abdeckung von Marderbissen inklusive Folgen sowie eine auf alle Tiere erweiterte Wildschadendeckung. Eine Police sollte auch einen Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit enthalten. Sonst muss ein Versicherer zum Beispiel nicht mehr für alle Schäden aufkommen, die beim Überfahren einer roten Ampel entstanden sind.

Vergleichsportale
Angebote für Kfz-Policen sucht man vorzugsweise in Preisvergleichsportalen. Die größten sind Check 24 und Verivox, die auch als Makler arbeiten und Provisionen kassieren. Es gibt zudem reine Vergleichsportale ohne Abschlussmöglichkeit wie das des BdV in Kooperation mit dem Softwareunternehmen Nafi. Alle am Markt verfügbaren Angebote deckt allerdings kein Portal ab. So fehlen ausgerechnet als günstig geltende Tarife von Marktführer Huk und dessen Tochter Huk 24 überall.