Mit einem Mammutprogramm will die Stadt in kürzester Zeit den Mangel an Betreuungsplätzen beheben. Neubauten in verschiedenen Stadtteilen sind geplant. Bis diese stehen, sind Interimslösungen vorgesehen.

Herrenberg - Bis Ende dieses Jahres fehlen in Herrenberg nach Berechnungen der Stadtverwaltung 140 Betreuungsplätze für Kinder. Mit einem Mammutprogramm will die Stadt das Problem nun angehen und binnen kürzester Zeit ihre Betreuungslandschaft ausbauen. Bis zum Jahr 2021 sollen 260 neue Kitaplätze entstehen. Dies hat der Gemeinderat am Dienstagabend beschlossen.

 

Einmütig tragen die Stadträte das ehrgeizige Ausbauprogramm mit. Kritik äußerte allerdings die SPD-Fraktion. „Der Bedarf war vorhersehbar. Das kommt doch jetzt nicht wie ein Naturwunder über uns “, sagte Bodo Philipsen, der Fraktionschef. Er befürchtet, dass nun „Schnelligkeit vor Qualität geht.“ Und verspricht: „Wir werden das kritisch begleiten und darauf achten, dass die Qualität erhalten bleibt.“

Eine neue Kita für 3,5 Millionen Euro

Die Stadtverwaltung nennt mehrere Gründe für den Mangel an Betreuungsplätzen: So steige der Bedarf mit neuen Wohngebieten und Zuzügen. Auch die Flüchtlingskrise habe dazu beigetragen, da nun verstärkt Flüchtlingskinder in die Einrichtungen kämen. Zudem sei der Bedarf bei der Betreuung Unter-Dreijähriger höher als erwartet. Knapp 40 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe besuchten momentan eine Kita. Gestiegen sei der Bedarf aber auch, weil es mehr Kinder „mit sonderpädagogischem Bedarf und Kinder mit besonders herausforderndem Verhalten“ in den Kitas gebe, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Für diese brauche man einen anderen höheren Personalschlüssel als in den üblichen Kitagruppen.

Die Stadtverwaltung legt ein Sofortprogramm vor. So soll auf dem Alten Freibadgelände eine neue fünfgruppige Kita gebaut werden. 3,5 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. Auch im Zentrum der Kernstadt soll in dem geplanten Wohngebiet des Seeländer-Areals eine dreigruppige Einrichtung geben. Dort will die Stadt aber nicht selbst bauen, sondern Räume anmieten. Neue Kitas sind auch in den Stadtteilen Gültstein und Kayh geplant. Damit die Kitas und Krippen möglichst schnell fertig sind, sollen die Vergabeverfahren beschleunigt werden. Vorgesehen sind Modulbauten, die sich in kurzer Zeit errichten lassen. So rechnet die Verwaltung bereits für den Sommer 2019 mit den Bezug der neuen Kita auf dem Freibad-Areal.

Für den Übergang Container

Bis die Neubauten realisiert werden können, sollen Interimslösungen geschaffen werden. Geplant ist eine Einrichtung in der ehemaligen Nachbarschaftshauptschule Kuppingen. Zudem schlägt die Verwaltung den Bau eines Provisoriums in der Hauffstraße vor. Dies lehnt die Grünen-Fraktion ab – aus verkehrstechnischen Gründen. Denn der Verkehr in diesem Gebiet soll reduziert werden. „Wenn wir jetzt dort eine Kita aufmachen – mit dem Bring- und Abholverkehr der Eltern ist das kontraproduktiv“, sagte Maya Wulz, die Chefin der Grünen. Sie schlug zwei Standorte im Bereich Längenholz als Alternative vor. Zudem sind die Grünen strikt gegen eine Container-Lösung. „Da gibt es Alternativen für die Schnellbauweise,“ so Maya Wulz.

Bis maximal im Jahr 2021, wenn die geplante Kita auf dem Seeländer-Areal ihren Betrieb aufnimmt, soll die Übergangskita genutzt werden – so die Pläne der Stadtverwaltung. Insgesamt kalkuliert die Stadt mit fünf Millionen Euro für den Bau der Freibad-Kita und die Interimslösungen in Kuppingen und der Kernstadt. Weitere Kosten, etwa für die Anmietung der Räume auf dem Seeländer-Areal und die geplanten Einrichtungen in Gültstein und Kayh/Mönchberg, kommen noch hinzu. „Die Investitionen in die Neubauten werden wir stemmen“, sagte Thomas Deines, der Fraktionschef der Freien Wähler. „Schwieriger wird es wohl, den Betrieb langfristig zu finanzieren.“ Zumal die Personalkosten noch einmal kräftig steigen werden. Denn der Gemeinderat beschloss auch einen finanzielle Besserstellung der Erzieherinnen.

Schließlich ist das pädagogisches Personal nicht nur in Herrenberg knapp. Die Stadt konkurriert um die Fachkräfte mit anderen Kommunen. Eine bessere Bezahlung soll Herrenberg als Arbeitgeber attraktiv machen.

1336 Kinder werden betreut

Stand
Im Augenblick werden in Herrenberg 1336 Kinder betreut: 974 Drei- bis Sechsjährige, 323 Kinder unter drei Jahren sowie 39 Schulkinder nach dem Unterricht. 146 dieser Kinder besuchen Einrichtungen freier Träger (wie den Waldkindergarten oder die Waldorfeinrichtung) oder werden von Tagesmüttern betreut. 188 Kinder nehmen die Ganztagesbetreuung in Anspruch, die anderen nutzen die verlängerte Öffnungszeit, die bis zu sieben Stunden am Tag Betreuung bietet.

Ausbau
Bis Ende des Jahres fehlen nach den aktuellen Anmeldezahlen 141 Plätze, davon 75 Plätze für Unter-Dreijährige, und 66 für Drei- bis Sechsjährige. Momentan wird die Kita Mahdenstraße e in Oberjesingen bereits ausgebaut. Ende 2018/Anfang 2019 soll der Anbau fertig sein. Er bietet dann 20 Ganztagesplätze für Drei-bis Sechsjährige sowie zehn Plätze für Krippenkinder.