Beim Stadtfest in der Kinderstadt Stutengarten in Stuttgart dürfen auch die Eltern das spielerische Treiben in Augenschein nehmen.

Kinder haften für ihre Eltern“, steht auf einem Schild. „Eigentlich dürfen die hier ja gar nicht rein“, erklärt der elfjährige Matteo. Am Samstag sind die Sitten in der Kinderstadt Stutengarten weniger streng: Es ist Stadtfest, und die Erwachsenen dürfen sich unter die jungen Einwohner mischen. 500 sind es jede Woche, die in der Spielstadt herumwuseln. Koordiniert durch ein eigenes Arbeitsamt, geht dabei jeder einer geregelten Tätigkeit nach. Produktives, kreative Jobs für Selbstständige, bodenständige Anstellungen in der Bank oder bei der Post – zu tun gibt es genug, und die Auswahl ist riesig.

 

Matteo hat sich in der Belieferung von Geschäften nützlich gemacht, aber auch den Kiosk geschmissen und Süßigkeiten verkauft. Bezahlt wird in Stuggis. Die Währung ist stabil, die Arbeitslosenquote liegt bei null. Kein Wunder, dass Gäste wie Bürgermeisterin Isabel Fezer und Stuttgarts Erster Bürgermeister Fabian Mayer diplomatische Kontakte pflegen.

Es gibt viel zu organisieren im Stutengarten

Interviews mit den prominenten Besuchern finden sich in der Zeitung von Stutengarten. Sie informiert auch über die jüngste Feuerwehrübung oder die Bürgermeisterwahl. Zuletzt hat Armin diesen Posten versehen. Am Samstagnachmittag sitzt der 14-Jährige entspannt in Stutengarts Musikschule und klimpert auf einer E-Gitarre. Es sei viel zu organisieren gewesen, lässt er wissen. Zusammen mit dem Gemeinderat hat er ein Fünf-Stuggi-Ticket für den Bollerwagennahverkehr auf den Weg gebracht. Über Steuergelder (in Stutengarten sind Lohn und Steuersatz für alle gleich) konnte er finanzieren, dass die Nutzung des Fußballplatzes kostenfrei wurde. Auch spendierte er freies Eis für alle. „Dafür bin ich tagelang herumgerannt“, sagt Armin und seufzt. Er verfügt bereits über Vorerfahrungen als Oberhaupt der Spielstadt Ratzelbach in Untertürkheim. Er will im nächsten Jahr wiederkommen. Dann erstmals als Betreuer einer Berufsgruppe.

Auch der Stutengarten musste coronabedingt pausieren

„Es kommt häufig vor, dass Leute Stutengarten treu bleiben“, sagt Mara (21), die sich um die journalistischen Belange der Stadt kümmert. Sie selbst war 2008 erstmals mit von der Partie. „In den vergangenen Jahren hat uns wirklich etwas gefehlt“, ergänzt Sarah, die das gelbe Shirt einer Gruppenbetreuerin trägt. Coronabedingt musste die Ansiedlung mit der schwarzen Katze im Wappen pausieren. Nun aber sind alle wieder vor Ort. Auch die Praxis von Paula Zahn – ermöglicht durch die Zahnärzteschaft Baden-Württemberg. Rasch hat Miriam aus der Schildkrötengruppe die Gummihandschuhe übergestreift. Konzentriert begutachtet sie das Gebiss des Patienten. Spielerisch wird die Bedeutung von Zahnhygiene vermittelt. Auch andernorts greifen die Realität von Stutengarten und seiner Außenwelt ineinander. Wer im Reitstadion Bad Cannstatt Stuggis an Unicef spendet, kann sich sicher sein, dass sie in Euro umgemünzt einem guten Zweck zufließen. Die BW-Bank-Filiale in der Samtpfotengasse sammelt für hilfsbedürftige Kinder in der „Partnerstadt“ Stuttgart. „Vergangene Woche hatten wir eine Gruppe von Kindern aus der Ukraine hier“, berichtet Sarah. Das habe super geklappt. Unter anderem kamen Wörterbücher ohne Worte zum Einsatz. Voll mit Alltagsbildern, auf die deuten kann, wer der Sprache nicht mächtig ist.

Matteo zeigt seinen Eltern den Wissenschaftsbereich, in dem Stutengarter experimentieren können. „Es war ein tolles Gefühl, Zeit an einem Ort zu verbringen, wo Kinder das Sagen haben“, resümiert er. „Manchmal ist es einfach schön, die Erwachsenen im Elterngarten vor dem Tor abgeben zu können.“