Tannenzweige, Glitzerkugeln und Co. – bislang war unser Kolumnist Michael Setzer skeptisch, was das denn bringen soll. Dank eines kleinen Hooligans entdeckt er nun, dass Weihnachtsdeko ungeahnten Rabatz in die Bude bringt.

Stuttgart - Weihnachtsdekoration sei wichtig, sagt die Frau. Ich sage nichts. Denn bevor ich das könnte, steht und hängt der Plunder bereits kreuz und quer in der Wohnung. Tannenzweige, Sterne, Kugeln, Lichterdingsbums und so weiter. Und Ja: ein bisschen schön finde ich das auch. „Die größten Kritiker der Elche, waren früher selber welche“, denke ich.

 

Die Frau: „Das heißt Rentiere!“

Stimmung! Und dann?

Es ist nicht so, dass mich Weihnachtsdeko kalt lassen würde, aber ein bisschen ist das eben doch der Fall. Das ist wie ans Meer fahren. Man sieht den Strand, den Horizont, hört die Wellen und riecht die Weite des Ozeans. Dann sagt man: „Orr, Super!“. Ja, und das war’s dann.

Man kann ja nicht ständig wiederholen: „Hach, der Strand, guck mal der Horizont, hör mal die Wellen. Ui, riechst Du die Weite des Ozeans oder sind das tote Fische?“. Doch ich sehe ein: Stimmung ist gut für die Stimmung. Darauf habe ich mich mit mir selbst geeinigt.

Dekoration und Action!

Der Weihnachtsplunder bringt zudem neuen Schwung in die Bude. Ein Großteil des Tages verwenden professionelle Kleinkinder nämlich außerhalb ihrer gewerkschaftlich vorgeschriebenen Ruhezeiten darauf, Dinge wieder abzubauen, die Mutter oder Vater irgendwo hingestellt haben. Es ist ein harter Job, aber irgendjemand muss das ja machen.

„Systemrelevanz!“ ruft das Kind und beginnt sofort mit dem Rückbau der Weihnachtsdeko. Wie so ein Stadtplaner. „Weihnachten neu denken!“. Er greift sich den ersten Stern, dann noch einen, die erste Glitzerkugel und dann noch eine – und ab damit in die Küche.

Alles wird bei uns irgendwann in der Küche oder wahlweise im Flur abgelegt. Eigentlich wäre es schlau gewesen, gleich von vornherein alles dort abzulegen.

Die Sache mit den Rentieren

Und dann ging auch noch einer dieser silbernen Elche zu Bruch. „DAS HEISST RENTIERE!“, brüllt die Frau schon wieder aus dem Wohnzimmer. Was Rentiere betrifft, fehlt mir allerdings wirklich jegliche Romantik. Also, zumindest seit ich für den Hund mal Dosenfutter in der entsprechenden Geschmacksrichtung im Fachhandel gekauft hatte. Rentier. Die Hündin fand’s super, auch sie ist nicht für ihre Romantik bekannt.

„Hey, jetzt lass doch mal die schöne Deko in Ruhe!“, sage ich, als der Zweijährige schon wieder munter brabbelnd mit einer Weihnachtskugel vorbeiläuft. Als ob 2020 noch nicht irre genug wäre, bin nun ausgerechnet ich der Typ, der sich um die Deko sorgt.

Wenn der Junge mal älter ist, werde ich ihm erzählen, wie wir früher einen 30 Zentimeter hohen Plastik-Weihnachtsbaum in der WG-Küche hängen hatten – kopfüber. Ganzjährlich. Da hatte man ja noch keine Kinder, die das hätten wegräumen können.

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Michael Setzer ist vor fast zwei Jahren Vater geworden. Früher haben Eltern ihre Kinder vor Leuten wie ihm gewarnt. Niemand hat ihn vor Kindern gewarnt. Er schreibt im Wechsel mit seiner Kollegin Lisa Welzhofer, die sich in ihrer Kolumne „Mensch, Mutter“ Gedanken übers Elternsein, über Kinder, Kessel und mehr macht.