Wim Wenders probt den filmischen Stillstand: In seiner Verfilmung eines Bühnenstücks von Peter Handke gelingt es ihm nicht, die Faszination des bannenden Sprechens fassen.

Stuttgart - Dass die Amerikaner so gerne Movies nennen, was sich von Moving Pictures ableitet, von den bewegten Bildern also, das ist auch eine Programmansage: Im Kino sollen die Menschen, Dinge und Verhältnisse bitte ordentlich in Bewegung kommen. Diese pragmatische, an Publikumswünschen orientierte Auffassung von guten Filmen hat immer schon den Widerspruchsgeist einiger mehr oder weniger esoterischer Cineasten geweckt, hat sie gereizt, Filme vorzulegen, denen die Bewegung ganz ausgetrieben ist. Auch Wim Wenders hat sich nun hinreißen lassen, eine Stillstandsübung auf die Leinwand zu bringen: „Die schönen Tage von Aranjuez“.

 

Zugrunde liegt dem Spielfilm ein Theaterstück von Peter Handke, das aus einem langen Gespräch zwischen einem Mann und einer Frau besteht. Er (Reda Kateb) fragt, sie (Sophie Semin) antwortet, und die beiden an einem schönen Tag an einem Gartentsich im Freien Sitzenden entlassen keinesfalls den üblichen Smalltalk in die Sommerluft. Es geht um sexuelle Erfahrungen und um sexuelles Erwachen. Aber auch wenn zwischen dem Paar hochsymbolisch ein Apfel auf dem Tisch liegt, als könnten sich Adam und Eva diesmal allein mit Worten ums Paradies bringen, wird das in keiner Sekunde spannend oder sinnlich.

Auch kleine Mätzchen bringen weder Humor noch Leben

„Die schönen Tage“ will und kann nicht die Faszination des bannenden Sprechens fassen. Das wird schon von der permanent auf sich selbst verweisenden Kamera verhindert: Ausgerechnet diesem beschränkten Szenario mutet Wenders die stereoskopische 3-D-Kamera zu, ein absurder optischer Overkill. Im Haus aber sitzt der Schriftsteller (Jesn AHrzer), der das Paar imaginiert, dessen Gespräch ersinnt und ab und an seine Jukebox anwirft. Diese Konstruktion schafft es, den Sprechenden Bedeutung und Stofflichkeit zu rauben, ohne im Austausch den Schriftsteller intersanter zu machen. Auch kleine Mätzchen – ein Kurzauftritt von Nick Cave, ein Komparsenauftritt im Hintergrund von Peter Handke als Gärtner – bringen weder Humor noch Leben in diesen Akt des Trotzes. Der Seelenkrisen-Thriller „Everything Will Be Fine“, einer von Wenders schönsten Filmen, ist vor zwei Jahren derb geflopt. Vielleicht schien seine bebende Ruhe vielen bloß leere Ödnis. Nun legt Wenders eine seiner schwächsten Arbeiten nach, als wolle er sagen: „Euch zeige ich mal, wie ödes Kino wirklich geht!“