Amanda Sthers verspottet die reiche Oberschicht, schützt aber ihre arme Hauptfigur nicht ausreichend: Ein spanisches Dienstmädchen, das sich auf Geheiß der Chefin beim Dinner als Adlige ausgibt.

Stuttgart - Leicht leben die Reichen. Man bleibt unter sich und genießt die Erträge großer Erbschaften, unbehelligt von Sorgen niederer Klassen, deren Angehörige man sich höchstens in Gestalt von Dienstboten zumutet. Was nach einem längst überkommenen Gesellschaftsmodell klingt, ist in Amanda Sthers Tragikomödie „Madame“ fest in der Gegenwart verankert.

 

Die Amerikaner Anne (Toni Collette) und Bob (Harvey Keitel) sind von den USA in ihr Pariser Luxusdomizil umgezogen, nun will das Paar im neuen Heim ein vornehmes Dinner schmeißen. Zwölf Gäste sind geladen. Als jedoch Bobs erwachsener, aus einer früheren Ehe stammender Sohn Steve (Tom Hughes) vor der Tür steht, packt Anne blanke Panik: Die Zahl Dreizehn bringt Unglück! Das spanische Hausmädchen Maria (Rossy de Palma) muss nun für numerische Harmonie an der Tafel sorgen. Anne bastelt ihrer Domestikin die Biografie einer entfernten Verwandten zurecht und verbietet Maria jegliche Konversation.

Eine bissig-süffisante Gesellschaftssatire

Bei Tisch entspinnt sich jedoch eine nette Unterhaltung zwischen Maria und dem Kunsthändler David (Michael Smiley), der sich – von Marias hemdsärmeligem Charme berückt – in die vermeintliche Adlige verliebt. Händeringend versucht Anne, die sich anbahnende Romanze zu unterbinden.

Amanda Sthers kombiniert das klassische Aschenputtel-Motiv mit der bissig-süffisanten Gesellschaftssatire nach Oscar Wilde, der in Jahrhundertwende-Dramen wie „Ein idealer Gatte“ die feine Oberschicht verspottete. Auch Amanda Sthers versteht sich auf die hohe Kunst frech-spritziger Dialoge und mokiert sich unverhohlen über das peinliche Imponiergehabe der Reichen. Schade ist nur, dass die von Rossy de Palma mit Hingabe verkörperte Proletarierin Maria manchmal zu drollig wirkt. Man will diese Frau ernst nehmen, sie als Widerpart der grässlichen Schickeria ins Herz schließen – lacht aber nicht immer mit ihr, sondern leider auch manchmal über sie.