Kinostarts der Woche Lebenslektionen und Kung-Fu-Propaganda

Daniel Radcliffe kehrt ins Kino zurück in dem Geisterbahn-Film „Guns Akimbo“, das deutsche Drama „Der Geburtstag“ erkundet, was es bedeutet, Vater zu sein.
Stuttgart - Clint Eastwood hat seine Regie-Arbeit „Der Fall Richard Jewell“ vorgelegt, unsere Filmkritik finden Sie hier. In der folgenden Übersicht zeigen wir, welche Filme diese Woche sonst noch anlaufen.
Guns Akimbo
Was ist los mit Daniel Radcliffe (30)? Erst geißelt der Mann, der als Junge Harry Potter war, äußerst harsch dessen Mutter Joanne K. Rowling, weil sie – durchaus streitbar – nicht als „Mensch, der menstruiert“ bezeichnet werden möchte, sondern als Frau. Nun kommt Radcliffe mit der zauberfreien Splatter-Gewaltorgie Guns Akimbo in die Kinos als Computer-Nerd, der die Macher eines Gewaltspiels reizt, zur Strafe Pistolen an die Hände geschraubt bekommt. Im Kampf um sein Leben gegen eine junge Massenmörderin mutiert er flugs vom Loser zum Killerhelden. Bald rauchen die Sturmgewehre und spritzt das Blut nur so, sehr zur Freude der Online-Zuschauer in aller Welt. Was nicht stimmt an den stereotypen, mit grüner Elektrisierung aufgeladenen Geisterbahn-Bildern und den Sparwitzen (pinkeln ohne Hände)? Alles, wenn man Filme wie etwa „Crank“ (2006) oder „Nerve“ (2016) als Maßstab nimmt. Vielleicht haben Anhänger von Diktaturen daran Spaß.
Ip Man 4
Letztere gehen mitunter subtil zu Werke. Vordergründig ist diese letzte Fortsetzung ein typischer Kung-Fu-Film. Der Kampfkünstler Donnie Yen gibt noch einmal Ip Man, den nun krebskranken Lehrer von Bruce Lee. Er reist diesem hinterher in die USA und gerät in einen Disput zwischen weißen Amerikanern und Chinesen. Prächtige Hongkong- und Chinatown-Kulissen, spektakuläre Kämpfe sowie die berechtigte Forderung nach Gleichberechtigung täuschen nicht über die Propaganda hinweg, die hier im Spiel ist: Bruce Lee, der damals prominenteste chinesische Bürgerrechtler in den USA, taucht nur am Rande auf – und die Amis, tumbe Rassisten, sind an allem (selbst) schuld.
Der Geburtstag
Auf einen mysteriösen Trip gerät in Carlos A. Morellis ausgeklügeltem Schwarzweiß-Drama der notorische Kneifer und Lügner Matthias (Mark Waschke). Am Geburtstag seines Sohnes muss der meist Abwesende lernen, was es bedeutet, ganz da zu sein, sich richtig einzulassen. Diese Grundsatz-Lektion des Lebens bereitet Morelli als nicht vorhersehbares Rätselspiel auf, gut ausbalanciert zwischen surrealen Film noir-Momenten und leichtgängig überzeichneten Dialogen. Licht, Montage und Soundtrack wirken durchkomponiert. Neben Waschke in der Hauptrolle glänzen Anne Ratte-Polle als Ex- und Anna Brüggemann als aktuelle Liebschaft. So macht Kino Freude.
Weitere Filmstarts
Im Krimi-Drama Blue Story – Gangs of London landen zwei Freunde aus multiethnischen Stadtteilen in verfeindeten Gangs. Es trifft offenbar einen Nerv: In Großbritannien kam es Ende 2019 in Kinos zu Zusammenstößen zwischen Jugendlichen und der Polizei.
In Gipsy Queen (Metropol) träumt die alleinerziehende Rumänin Ali, Putzfrau in Hamburg, von einem besseren Leben – als erfolgreiche Boxerin.
Unsere Empfehlung für Sie

Neil Diamond wird 80 „Sweet Caroline“ und andere große Melodien
Der Pop-Komponist und Solokünstler Neil Diamond wird an diesem Sonntag 80 Jahre alt.

„Die Sage von Anatahan“ bei Arte Ein Trupp Verwilderter und eine Vision
Josef von Sternberg war mal einer der auffälligsten Regisseure Hollywoods. Er hatte Marlene Dietrich entdeckt und in die Traumfabrik geholt. 1953 war er aber längst in Ungnade gefallen und drehte in Japan seinen letzten, seltsamen Film, den Arte jetzt zeigt: „Die Sage von Anatahan“

Plácido Domingo wird 80 Bejubelter Künstler, beschuldigter Mann
An diesem Donnerstag (21. Januar) feiert Plácido Domingo seinen 80. Geburtstag. Metoo-Vorwürfe haben den Star schwer beschädigt.

Auf Arte: Brian Jones und Ronnie Wood Rolling Stones: ein Opfer und ein Überlebender
Brian Jones hat die Rolling Stones gegründet und starb mit 27, sein zweiter Nachfolger Ron Wood hat die Rock-’n’-Roll-Exzesse überlebt. Arte zeigt Dokumentationen über die beiden Gitarristen.

Lese-Tipps in Zeiten des Coronavirus Die zehn besten Wälzer der Welt
Wann, wenn nicht jetzt ist die Zeit, tausende Seiten lange Romane zu lesen. Warum es sich lohnt, diese zehn Romane und ihre skurrilen Helden zu kennen.

Künstler Tobias Rehberger über das DJ-Duo Tiefschwarz „Man musste geistig nackig über die Königstraße rennen wollen“
Der renommierte Künstler Tobias Rehberger hat eine Ausstellung über das musikalische Duo Tiefschwarz im Stadtpalais gestaltet. Im Interview spricht er über Kunst auf Privat-Jets, seinen Bezug zur elektronischen Musik und den Kleinen Schlossplatz in den 1980er Jahren.